Bereits vor dem Erstflug des neuen Ferienfliegers Eurowings Discover, der am 26. Juli nach Mombasa und Sansibar starten wird, gibt die Lufthansa-Tochter weitere Expansionspläne bekannt: Ab Mai 2022 werde man nicht mehr ausschließlich in Frankfurt starten, kündigte Geschäftsführer Wolfgang Raebiger an, sondern auch fünf Mittelstreckenflugzeuge vom Typ A320 am Lufthansa-Drehkreuz München stationieren.
Langstreckenangebote sollen den Plänen zufolge in Bayerns Hauptstadt später hinzukommen. Insbesondere die Reiseveranstalter hätten diesen Wunsch geäußert, sagte Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister dem Handelsblatt. Denn dies erspare einer größeren Zahl von Urlaubern einen lästigen Umstieg.
Mit der Touristiktochter Eurowings Discover, die kürzlich noch unter dem Namen „Ocean“ firmierte, versucht der MDax-Konzern einen Befreiungsschlag mitten in der Coronakrise. Vorstandschef Carsten Spohr setzt dabei vorrangig auf das Geschäft mit Urlaubern, da nach seiner Prognose die Zahl der Geschäftsreisenden bei mindestens zehn Prozent unter dem Vorkrisenniveau verbleiben wird.
Neue Tochter soll helfen das Geschäft wieder anzukurbeln
Nach den tiefroten Zahlen im vergangenen Jahr, neun Milliarden Euro zugesagter Staatshilfe und einem Stellenabbau um 19 Prozent hatte die Kranich-Airline auch im ersten Quartal 2021 eine Milliarde Euro Nettoverlust eingeflogen. Die neue Airline-Tochter soll nun dabei helfen, das Geschäft wieder anzukurbeln.
Sie startet zunächst mit drei Maschinen, die ursprünglich für die Lufthansa-Töchter Edelweiss und Sunexpress im Dienst waren und nun umlackiert wurden. Als Ziele sollen zunächst neben Mombasa auch Windhoek, Punta Cana und ab Oktober Las Vegas angesteuert werden. Schon zum Winter wird sich die Zahl zunächst auf sieben und später auf elf Flieger erhöhen. Bis Mitte des kommenden Jahres sollen es dann 21 sein. Geflogen werden ausschließlich die Modelle A320 und A330.
Für Geschäftsführer Raebiger, der beim Erstflug nach Kenia am Steuerknüppel sitzen wird, bedeutete dies auch eine persönliche Herausforderung. Vor seiner Zeit bei Eurowings Discover steuerte er bei der Lufthansa-DHL-Gemeinschaftsfirma Aerologic neben seinem Job als Finanzchef einen Frachtflieger vom Typ Boeing 777F und musste deshalb auf das neue Modell A330 umschulen.
Die neu gegründete Lufthansa-Tochter hat gesellschaftsrechtlich kaum eine Verbindung zur gleichnamigen Schwesterfirma Eurowings in Köln. Eurowings Discover ist unmittelbar der Lufthansa unterstellt und hat ihr Hauptquartier im Flughafenbahnhof Frankfurt. Die 450 Flugbegleiter kommen zum Teil zwar von Lufthansa-Töchtern, wurden aber bei der vormaligen Ocean GmbH neu eingestellt.
Dennoch soll Eurowings Discover von der Konzern-IT und Lufthansa-Zubringerflügen profitieren. „Die neue Airline ist voll eingebettet in die Prozesse der Lufthansa-Group“, versichert Geschäftsführer Raebiger.
Ursprünglich hatte die Kölner Lufthansa-Tochter Eurowings selbst das touristische Langstreckengeschäft gestartet. Doch im Frühjahr 2019 häuften sich die Beschwerden. Flüge in die Dominikanische Republik und nach Jamaika fielen aus oder verspäteten sich bis zu zwei Tage. Im Juni 2019 erklärte der Konzern, man werde die Touristik-Langstrecke „künftig in die kommerzielle Verantwortung der Netzwerkorganisation“ legen. Die Steuerung übernehme Lufthansa. Im Dezember 2019 kam es dann zur Gründung des „Eurowings-Discover“-Vorläufers Ocean.
Die enge Verbindung zur Kranich-Marke ist der neuen Konzerntochter anzumerken. Im A330 befinden sich 18 Businessclass-Sitze, die zu Liegebetten umfunktioniert werden können. Auch die komfortable „Premium Economy“ hat man bei Eurowings Discover übernommen – eine Ausstattung, die bei Ferienfliegern eher unüblich ist.
Im Schnitt sollen rund 50 Prozent der Sitzplätze über Reiseveranstalter verkauft werden, erwartet Lufthansa-Vorstand Hohmeister. Die Quote sei allerdings je nach Reiseziel sehr unterschiedlich.
Einen Rückschlag allerdings musste Eurowings Discover bereits vor dem geplanten Start hinnehmen. So bleibt die Lufthansa bis auf Weiteres verpflichtet, auch den Konkurrenten Condor mit Zubringerflügen zu versorgen. Der Konzern hatte das Kooperationsabkommen zunächst im November 2020 gekündigt – wohl auch, um Eurowings Discover einen Wettbewerbsvorsprung zu verschaffen.
Doch eine vorläufige Prüfung der Kartellbehörden und politischer Druck aus Berlin und Brüssel ließen Lufthansa im Mai einlenken. Damit wird zunächst auch für Condor-Kunden, die weiterhin eine Bordkarte für die gesamte Reise erhalten, das Gepäck durchgecheckt. Für den Verspätungsfall sind sie nach wie vor vollständig abgesichert. Mit Eurowings Discover bleibt der Rivale Condor damit zunächst mindestens auf Augenhöhe.
Quellen: Handelsblatt, Lufthansa