Flugroutenopitimierung kann globalen Temperaturanstieg begrenzen

Individuelle Flugrouten – Kon­dens­strei­fen und dar­aus re­sul­tie­ren­de Kon­dens­strei­fen-Zir­ren tra­gen we­sent­lich zu Nicht-CO2-Ef­fek­ten bei der Kli­ma­wir­kung des Luft­ver­kehrs bei. Die­se gilt es u.a. bei kli­ma­op­ti­mier­ten Flug­rou­ten zu mi­ni­mie­ren. /Foto: DLR

Heutige Luftraumstrukturen und das Luftverkehrsmanagement sind in erster Linie auf Sicherheit und Kapazität ausgerichtet. Mit der richtigen Automatisierung lässt sich dies um klimaschonende Zielgrößen wie minimaler CO­2-Ausstoß und Verringerung der Kondensstreifenbildung erweitern.

Individualisierte Flugrouten können dabei helfen, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das Luftverkehrsmanagement deutlich stärker automatisiert werden, als das heute der Fall ist. Das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) neu gestartete Projekt „Der individuelle und automatisierte Luftverkehr“ (DIAL) bündelt in den nächsten vier Jahren Forschungsarbeiten, um die Automatisierung der Flugführung auszubauen. 

So können Flugplaner für jedes Flugzeug am Himmel maßgeschneiderte klimaoptimierte Routen anbieten, die etwa Gebiete in der Atmosphäre mit langlebiger Kondensstreifenbildung umgehen. Nicht-CO2-Effekte wie Kondensstreifen-Zirren tragen rund zwei Drittel zur Klimawirkung des Luftverkehrs bei. „Mit Projekten wie DIAL leisten wir einen nachhaltigen Beitrag, um die in der Luftfahrt angestrebten Klimaziele zu erreichen“, betont Prof. Dr. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. „Die Ergebnisse des Projekts DIAL sollen am Ende so ineinandergreifen, dass wir durch die Automatisierung gewonnene Luftraumkapazitäten dazu nutzen können, jedem Flugzeug eine individuelle, klimawirkungsarme Flugroute zu ermöglichen. Und das genauso sicher und verlässlich wie bisher.“

Individueller und automatisierter Luftverkehr

Heutige Luftraumstrukturen und das Luftverkehrsmanagement sind in erster Linie auf Sicherheit und Kapazität optimiert. Mit der richtigen Automatisierung lässt sich dies um klimaschonende Zielgrößen wie minimaler CO­2-Ausstoß und Verringerung der Kondensstreifenbildung erweitern. Die DLR-Forscherinnen und Forscher entwickeln im Projekt DIAL Verfahren, die eine gleichzeitige Optimierung nach mehreren klimarelevanten Faktoren und eine erhöhte Kapazität des Luftverkehrsmanagements ermöglichen. Dabei ist immer das bestehende Sicherheitsniveau die Messlatte. Gleichzeitig soll das Luftverkehrsmanagement mit zunehmender Automatisierung produktiver werden. Das macht die Verkehrsführung am Himmel zusätzlich robuster und flexibler, wenn die Nachfrage wieder steigt. Um diese Ziele zu erreichen, haben sich sieben DLR-Institute unter der Leitung des Instituts für Flugführung zu dem Projekt zusammengefunden.

Automatisierung für eine freiere Routenführung

Individuell klimaoptimierte Flugtrajektorien brauchen freie Kapazitäten im Luftraum. Diese freien Kapazitäten verspricht die zusätzliche Automatisierung im heutzutage hochkomplexen Gesamtluftverkehr. „Innovative ATM-Konzepte wie beispielsweise ‚Single Controller Operations‘ werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Bei dem Konzept wird die Arbeitslast so reduziert, dass ein einziger Lotse einen Sektor überwachen kann“, sagt Projektleiter Dr. Maik Friedrich vom DLR-Institut für Flugführung. Auch das Konzept der sektorlosen Flugführung, bei dem Lufträume nicht mehr in Sektoren unterteilt sind, wird im Fokus von DIAL stehen. Diese Ansätze zur Umgestaltung des Luftverkehrsmanagements werden vom DLR seit längerem erforscht und jetzt unter dem Gesichtspunkt der höheren Automatisierung weiterentwickelt.

Meteorologische Expertensysteme für die Flugplanung

In DIAL werden die Forschenden zudem neuartige meteorologische Verfahren in Expertensystemen entwickeln, welche sowohl langfristig als auch kurzfristig in die Flugplanungen eingehen und so Sicherheit und Klimaschutz unterstützen. „Diese Verfahren behandeln Wetterrisiken wie Gewitter und Vereisung, Extremereignisse wie Vulkanasche und Wüstenstaub, sowie Weltraumwetter“, sagt Dr. Thomas Gerz vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre. „Insbesondere nehmen diese auch die Klima- und Umweltschonung in den Blick.“ Wettervorhersagen von ein bis fünf Tagen werden die Flugplanung im Vorfeld verbessern. Ebenso werden kurzfristige Vorhersagen in die finale Flugvorbereitung eingehen. Auch die Durchführung der Flüge selbst wird mit Wetterbeobachtungen und besonders kurzfristigen Vorhersagen unterstützt. Die Wetterinformationen werden in die Routenplanung integriert und ermöglichen es den Planern, Probleme zu erkennen und notwendige Routenanpassungen zu identifizieren. So kann jede Einzelroute individuell optimiert und an das Wetter angepasst werden.

Bewertungskreisläufe zur Simulation zukünftiger Entwicklungen

„Es ist wichtig, bei geänderten Flugrouten genau vorhersagen zu können, welche Auswirkungen diese hinsichtlich Kapazität, Sicherheit und eben auch Klimawirkung haben“, sagt Prof. Dr. Dirk Kügler, Leiter des DLR-Instituts für Flugführung. Dies wird innerhalb von DIAL durch eine detaillierte Simulation zukünftiger Luftfahrtentwicklungen erreicht. Mittels sogenannter Bewertungskreisläufe wird es möglich, aktuelle Ziele der Luftfahrt mit ihren Auswirkungen im Angesicht möglichst vieler Einflussparameter zu simulieren und anschließend zu bewerten. Einflussparameter können zum Beispiel die Einführung neuer Flugzeugtypen oder die Berücksichtigung neuer Wetterdaten sein. Die Forschenden werden dazu einen Bewertungskreislauf im Projekt realisieren und mit verschiedenen Luftfahrtszenarien testen. Ihr Ziel ist es dabei, durch eine Vielzahl wiederholter Simulationen immer realistischere Vorhersagen zu erreichen.

Interdisziplinäre Kombination von DLR-Kompetenzen

Insgesamt neun unterschiedliche Simulationskampagnen sind in DIAL über die gesamte Projektlaufzeit geplant. Dabei werden die Konzepte Single Controller Operation und sektorlose Flugführung mit Menschen in Echtzeitsimulationen validiert. Dem gegenüber stehen Automatiksimulationen der Bewertungskreisläufe, bei denen jeweils alle beteiligten Institute parallel gefordert sind.

Im DLR-Projekt bündeln die Institute für Flugführung, Kommunikation und Navigation, Luft- und Raumfahrtmedizin, Physik der Atmosphäre, Verbrennungstechnik, Flughafenwesen und Luftverkehr sowie die DLR-Einrichtung Lufttransportsysteme Forschungsaktivitäten für einen individuelleren und automatisierten Luftverkehr. Das Projekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Ergebnisse werden zum Projektabschluss Ende 2024 erwartet.

DLR forscht für einen klimaneutralen Luftverkehr

Die Folgen des Klimawandels fordern unser Handeln für einen klimaneutralen Luftverkehr. Dabei geht es um neue Technologien die auch in Zukunft eine globale Mobilität gewährleisten. Mit 25 Instituten und Einrichtungen in der Luftfahrtforschung treibt das DLR diesen Wandel mit nachhaltigen Technologien für eine zukunftsfähige umweltverträgliche Luftfahrt voran. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch unsere Kompetenzen aus den Forschungsprogrammen Raumfahrt, Energie und Verkehr.

Das DLR verfügt über eine Systemkompetenz in der Luftfahrtforschung und sieht sich in der Funktion eines Architekten. Das Ziel des DLR ist eine „emissionsfreie Luftfahrt“ um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Dabei müssen die Forschungsergebnisse direkt in die Entwicklung neuer Produkte einfließen.

Auf dem Weg zum klimaverträglichen Luftverkehr besteht ein erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf, der einer kontinuierlichen Förderung und Unterstützung bedarf. Vieles davon muss in den Grundlagen erforscht, praktisch erprobt und zugelassen werden. Das DLR kann das mit Großanlagen wie seinen Forschungsflugzeugen, Antriebsdemonstratoren und Großrechnern. Im Jahr 2020 hat das DLR gemeinsam mit dem BDLI das Whitepaper ZERO EMISSION AVIATION veröffentlicht. Aktuell arbeitet das DLR an einer ZERO-EMISSION-Strategie.

Quelle: DLR

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert