Laut Lufthansa sind 22 000 Mitarbeiter zu viel an Bord. Entlassungen sollen jedoch weitestgehend vermieden werden, aber die Gespräche – im besonderen mit den Piloten – gestalten sich äußerst kompliziert. Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo rät ihren Mitgliedern dem „Tarifvertrag Krise“ zuzustimmen, die Verhandlungen mit ver.di hat Lufthansa am 13. August abgebrochen.
Ohne betriebsbedingte Kündigungen durch die Corona-Krise zu kommen, sei inzwischen nicht mehr realistisch, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr in der vergangenen Woche, nachdem er einen Milliarden-schweren Verlust für das erste Halbjahr und traurige Aussichten für das zweite angekündigt hatte. Rechnerisch habe das Unternehmen 22 000 Mitarbeiter zu viel an Bord.
Trotz der extrem schwierigen Lage gehen die Gespräche zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite nur langsam voran. Viele Beteiligte sind guten Willens, Kompromisse zu finden, damit Entlassungen vermieden werden können. Doch die Interessen bei den verschiedenen Gruppen sind zum Teil widersprüchlich, es wird taktiert und oft sind sich die Berufsgruppen selbst nicht einig. Die Gespräche mit der Gewerkschaft ver.di etwa, die die Bodenmitarbeiter vertritt, sind laut Unternehmen zäh und haben sehr spät begonnen. Am ehesten scheint eine Einigung mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo. Hier empfiehlt der Vorstand empfiehlt den Mitgliedern, bei der bis Freitag (14. August) laufenden Urabstimmung, den sogenannten „Tarifvertrag Krise“ anzunehmen.
Es hakt an mehreren Stellen
Besonders kompliziert ist die Lage bei den Piloten, die sich als erste mit der Lufthansa auf die Grundzüge eines Krisenbeitrages geeinigt hatten. Das in einem „Term Sheet“ definierte Modell lief darauf hinaus, dass nach Ende der Kurzarbeit mehr oder weniger alle Piloten in eine Art Zwangsteilzeit gehen, bis das Geschäftsvolumen wieder für Vollzeit ausreicht. Auch die von Lufthansa seit 2017 garantierte Mindestflottengröße soll ausgesetzt werden. Aber seit der Einigung auf diese Punkte hakt es an mehreren Stellen im Gespräch.
Das Term Sheet hatte die Konzerntarifkommision der Lufthansa-Piloten mit dem Unternehmen verhandelt, doch dann legte der formal zuständige Vorstand der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) sein Veto ein. Eine dritte Instanz, die Gruppenvertretung Cockpit bei Lufthansa, war ebenfalls gegen den Deal. Zuletzt trafen sich die Piloten für fünf Tage in Wiesbaden, um in internen Verhandlungen mit Hilfe eines Mediators eine Lösung zu finden. Doch kaum war der Verhandlungs-Marathon vorbei, erneuerte die Gruppenvertretung ihre Kritik. Es geht es im Wesentlichen um drei Punkte: Bislang ist die Übergangsversorgung für Piloten, die vor dem Erreichen der durchschnittlichen Altersgrenze von 63 Jahren ausscheiden wollen, nicht insolvenzgesichert. Die Mitarbeiter müssten also befürchten, bei einer möglichen Insolvenz der Lufthansa mit leeren Händen auszugehen. Zudem streiten die Piloten darum, wie mit den Kollegen von Germanwings umzugehen ist; die Fluglinie wird aufgelöst. Eigentlich hatte Lufthansa zugesichert, diese für fünf Jahre zu gleichen Bedingungen bei Eurowings fliegen zu lassen, will davon nun aber in Corona-Zeiten offenbar nichts mehr wissen.
Wer soll die Flugzeuge von Ocean GmbH fliegen?
Strategisch bedeutsam ist für die Piloten, wer künftig die Flugzeuge der „Ocean GmbH“ fliegen soll. Ocean ist ein neuer Flugbetrieb, der unter noch zu klärender Marke Ferien-Langstrecken operieren soll. Lufthansa will die ersten 14 Flugzeuge mit Mitarbeitern der Sun Express Deutschland und Brussels Airlines bereedern und erst dann die „teureren“ Germanwings-Piloten einsetzen. Die Gruppenvertretung kritisiert, es sei gar nicht klar, ob Ocean darüber hinaus in den nächsten Jahren überhaupt zusätzliche Jets bekommt und hat mit der Annahme wohl recht.
Ufo-Vorstand empfiehlt den Mitgliedern dem Krisenpaket zuzustimmen
Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo empfiehlt ihren Mitgliedern hingegen, das Krisenpaket mit der Lufthansa zu genehmigen, obwohl viele Aspekte noch gar nicht geklärt sind und das Verhältnis zwischen Ufo und Lufthansa bis zuletzt zerrüttet war. In der Einigung gibt Lufthansa den Kabinenmitarbeitern eine Beschäftigungsgarantie, die Ufo stimmt im Gegenzug Teilzeitmodellen und freiwilligen Abfindungen zu, deren Höhe noch nicht feststeht. Gewerkschaftsintern heißt es, dies sei zwar ein Dilemma. Andererseits seien genügend andere Tarifverträge offen, um trotz Zustimmung zum Krisendeal noch Druckmittel gegen das Unternehmen in der Hinterhand zu haben.
Lufthansa bricht die Verhandlungen mit ver.di ab
Wie eben von Lufthansa bekannt gegeben, hat man entschieden, die Verhandlungen mit ver.di nicht fortzusetzen, weil man momentan keinen Fortschritt sehe. Man werde aber an den Verhandlungstisch zurückkehren, sollte die Gewerkschaft ein Angebot die signifikanten Personalkosten-Einsparungen vorlegen. Die Gewerkschaft krititsierte den Schritt heftig. Lufthansa müsse ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden.
Quellen: Lufthansa, Vereinigung Cockpit (VC), Ufo, Süddeutsche Zeitung, Spiegel online. Finanzen.net