Billigfliegeransturm auf Flughafen Wien

Auch Billigflieger Level operiert aus Wien/Foto: Level

 

 

 

 

 

Wie viel Luft gibt es noch für Billigflieger am Wiener Flughafen Schwechat? Noch nie war der Ansturm von Lowcost Airlines auf einen Flughafen so groß. Tiefe Preise freuen Passagiere.

Gut eine Handvoll Billigfluggesellschaften sind im Anflug auf den Flughafen Wien Schwechat – und fast täglich werden es mehr. Am 17. Juli startete die British-Airways-Mutter IAG unter der Tochtermarke „Level“ eine Lowcost Airline in Österreich.

Zunächst werden 14 Ziele – meist Urlaubsdestinationen – in Europa angeflogen. Level hat eine österreichische Lizenz und vier Flugzeuge in Wien stationiert. „Wir sind gekommen um zu bleiben und zu wachsen“, erklärte General Manager Operations Level, Frank Glander. Es gäbe bereits Kooperationen mit allen großen Reiseveranstaltern. Ziele der Erstflüge am 17. Juli waren Palma de Mallorca und London Gatwick. In den nächsten vier Wochen werden Flüge nach Barcelona, Malaga, Venedig, Olbia, Ibiza, Paris Charles de Gaulle, Mailand Malpensa, Dubrovnik, Larnaka, Alicante, Valencia und Bilbao aufgenommen. Mit dem Launch der neuen Airline sollen zunächst rund 200 neue Arbeitsplätze am Standort Wien geschaffen werden, kündigte IAG-Chef Willie Walsh, der bei der Präsentation von Level in Wien anwesend war, an. Flughafen-Vorstand Julian Jäger prognostiziert für 2018 ein Wachstum von sechs Prozent für den Flughafen Wien – auch dank Level. Und auch für 2019 sei man optimistisch. Mit einer Aufsehen erregenden Marketingaktion hatte Level auf sich aufmerksam gemacht. Über die Homepage wurden 50.000 Tickets um je einen Cent verkauft.

IAG hatte sich nach der Pleite der Air Berlin um den Kauf der österreichischen Tochter flyniki bemüht, damals über ihre Tochter Vueling. Letztlich kam aber Niki Lauda mit seiner Laudamotion zum Zug, der flyniki umgehend an Ryanair weiterverkaufte. IAG ist der Mutterkonzern der British Airways, Iberia, Vueling, Aer Lingus und Level und hat eine Beteiligung von mehr als vier Prozent an Norwegian.

Kampfplatz Wien

Die Zahl neuer Billigfluglinien ab Wien steigt weiter. Wien wird in der Branche als „Kampfplatz“ bezeichnet. Das Tempo ist rekordverdächtig. Immer noch stoßen neue Airlines in die Lücke vor, die im Vorjahr der Wegfall von Niki Laudas Billigflieger Niki und deren Muttergesellschaft Air Berlin in den Flugplan der österreichischen Flughäfen gerissen hat. Die ungarische Wizz Air etwa plant 30 neuen Strecken in 22 Länder binnen eines Jahres bis 2019. Dazu kommen Niki Laudas neue Airline Laudamotion in Zusammenarbeit mit Europas führender Billigfluggesellschaft Ryanair, Lufthansa-Tochter Eurowings und die IAG-Töchter Vueling und Level. Auch Easyjet, hinter Ryanair europaweit Nummer zwei bei Billigfliegern, baut auf Wachstum aus Wien.

Das wirft allerdings die Frage auf, wie lange der Aufstieg der Lowcost Carrier noch weitergehen kann. Grundsätzlich gebe es im Segment noch reichlich Luft nach oben, meint Thomas Haagensen, der für Europa zuständige Manager von Easyjet. „Dieser Wettbewerb ist eine gute Nachricht für Passagiere, da bleibt der Druck auf die Preise aufrecht.“ Easyjet bietet die Hälfte seiner Tickets unter 50 Euro an. Zusätzlich würden die Punkt-zu-Punkt-Verbindungen der Billigairlines für ein deutlich dichteres Streckennetz ab Wien sorgen. Zugleich verweist Haagensen auf den anhaltenden Druck zur Marktbereinigung in der Branche. Letztlich dürfte sich die Landschaft an jene in den USA angleichen, wo die vier oder fünf größten Anbieter 75 Prozent des Marktes abdecken.

Wird sich die Spreu vom Weizen trennen?

Dieser Prozess ist längst auch in Europa im Gang. Schon im Herbst könnte sich die Spreu vom Weizen trennen: Wenn die Hauptreisezeit vorbei ist und die Einnahmen sinken, schlagen bei Airlines die Kosten stärker durch. So ist es nicht verwunderlich, dass die Insolvenzen von Air Berlin, Niki oder der britischen Monarch in oder um den Herbst fielen. Dazu kommt ein tendenziell steigender Kerosinpreis. Der macht zwar allen Airlines zu schaffen, nimmt aber bei den Billigfliegern einen prozentuell höheren Anteil der Gesamtkosten ein. Größere Airlines hätten einfach mehr Möglichkeiten, sich am Terminmarkt mit vorher fixierten Preisen gegen steigende Treibstoffpreise abzusichern, sagt Haagensen. Am aktuellen Billigflieger-Boom in Wien sieht der Easyjet-Europa-Chef seine Airline übrigens nicht beteiligt. „Wir fliegen schon seit Jahren nach Wien, das hat für uns Sinn, weil wir auch größere zentrale Flughäfen anfliegen.“ Außerdem sei Wien vergleichsweise dünn an zentrale Airports wie London angebunden gewesen. Doch anders als Mitbewerber will Easyjet hier kein weiteres seiner 30 Drehkreuze einrichten. Der Fokus liege aktuell auf Deutschland, besonders Berlin. Insgesamt rund 200 Mill. Euro will man dort investieren. Nach der Übernahme von Slots der Air Berlin will Easyjet zusätzlich zur bestehenden Basis in Schönefeld auch mit 25 Maschinen vom Flughafen Berlin-Tegel fliegen. Mit dann rund 15 Millionen Passagieren sei man die Nummer eins aus Berlin. Dazu kämen auch eine Reihe innerdeutscher Strecken und Verbindungen Berlin-Wien. Formal ist Easyjet auch Nummer eins in Österreich – gemessen an der Zahl der in Österreich registrierten Flugzeuge. 112 Flugzeuge seien auf der in Wien ausgestellten AOC-Lizenz der „Easyjet Europe“ unterwegs, mehr als die gut 80 Maschinen von Platzhirsch Austrian Airlines. Der Großteil der insgesamt 300 Flugzeuge umfassenden Easyjet Flotte ist in Großbritannien unterwegs.

Quellen: SN/dpa

 

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