Synthetische Kraftstoffe sind neben Batterie- und Brennstoffzellenantrieben ein weiterer technologischer Baustein, um die Mobilität der Zukunft nachhaltig und klimaneutral zu gestalten. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurde jetzt vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) beauftragt, eine Pilot-Anlage zur Produktion klimaneutraler Synthetik-Kraftstoffe im industriellen Maßstab zu planen.
Mit der Pilot-Anlage soll die Markteinführung strombasierter Kraftstoffe beschleunigt werden. Mit dem Umstieg auf strombasiertes Kerosin könnten im Luftverkehr Millionen Tonnen an CO2-Emissionen eingespart werden. Dafür brauche man aber bis 2030 mehrere Millionen Tonnen an klimaneutralem Treibstoff. Strombasierte Kraftstoffe würden derzeit noch nicht in marktfähigen Mengen produziert. Deshalb habe man das DLR beauftragt, gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie eine Produktionsanlage zu konzeptionieren, damit der Kraftstoff wirtschaftlich produziert und schneller eingesetzt werden könne, so Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Strombasierte Synthetik-Kraftstoffe, auch Power-to-Liquid-Kraftstoffe (PtL) genannt, werden chemisch aus Wasserstoff und Kohlendioxid hergestellt. Strombasiert deswegen, weil der benötigte Wasserstoff mit Strom durch Wasserelektrolyse gewonnen wird. Das Kohlendioxid stammt aus der Luft oder anderen Quellen, wie beispielsweise Biomasse, Müllverbrennungsanlagen oder Zementwerken. Die gewonnenen Kohlenwasserstoffe werden dann zu Benzin oder Kerosin aufbereitet. Mit Strom aus erneuerbaren Energien lassen sich diese Kraftstoffe klimaneutral produzieren. Federführend erarbeitet das DLR-Institut für Verbrennungstechnik in Stuttgart gemeinsam mit der Technischen Universität Hamburg und der Firma John Brown Voest aus der Griesemann Gruppe im Rahmen der Studie ein Konzept für die Pilot-Anlage. Dazu zählen geeignete Herstellungsverfahren, Produktionsketten sowie die technische Ausstattung. Wichtige Planungskriterien sind Größe, Kosten und Standortfaktoren.
Nur große Mengen machen synthetische Kraftstoffe rentabel
Synthetische Treibstoffe könnten ein Baustein auf dem Weg in eine klimaneutrale Mobilität der Zukunft sein. Noch sei deren Herstellung aufwändig und teuer. Aber die Zeit zu handeln sei jetzt, sagt Prof. Karsten Lemmer, DLR-Vorstandsmitglied für Energie und Verkehr. Synthetische Kraftstoffe rentabel zu machen, bedeute große Mengen zu produzieren und in das bestehende Energie- und Mobilitätssystem zu integrieren. Herausfordernd sei dabei, die gesamte Prozesskette im Blick zu haben.
Pilot-Anlage ist auf jährlich 10.000 Tonnen klimaneutrales Kerosin und Benzin ausgelegt
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermitteln zunächst, wie großtechnische Anlagen mit Produktionsmengen bis zu 10.000 Tonnen pro Jahr zu einer zeitnahen und wirtschaftlichen Markteinführung synthetischer Kraftstoffe beitragen können. Weltweit existiere noch keine Gesamtanlage, die strombasierte Kraftstoffe normgerecht im industriellen Maßstab liefern kann. Daher gebe es auch noch keine Erfahrungen auf dem kommerziellen Sektor, so Prof. Manfred Aigner, Projektleiter und Direktor des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik.
Die Pilot-Anlage soll gleichzeitig als Entwicklungsplattform dienen, um Verfahrenstechniken weiterzuentwickeln. Forscherinnen und Forscher sollen Schlüsselkomponenten identifizieren sowie intelligent verschaltete Systemelemente gezielt aufeinander abstimmen. Die Entwicklungsplattform soll für Forschungseinrichtungen, mittelständischen Unternehmen und der Industrie zur Verfügung stehen, um weitere Technologien zu erproben und voranzutreiben.
Laut DLR sei der große Vorteil synthetischer, flüssiger Kraftstoffe ihre sehr hohe Energiedichte. Daher seien sie insbesondere für den Flug- und Schiffsverkehr geeignet. Zudem ließen sie sich direkt in den Verbrennungsmotoren und in Turbinen bestehender Flotten einsetzen. In der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung zählen Synthetik-Kraftstoffe zu den wichtigen Bausteinen für moderne und nachhaltige Mobilitätssysteme. jwm
Quellle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)