Jede fünfte Strecke, die Low-Cost-Carrier von deutschen Flughäfen aus bedienen, wird inzwischen von mehr als einer Gesellschaft bedient, rechnet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in der jüngsten Auflage ihres Billigflug-Monitors, der am 16. Mai erschienen ist, vor. Die „Phase zwei“ des Billigflugschäfts habe begonnen.
Noch vor zwei Jahren traten erst auf jeder zehnten Lowcost Strecke Billigflieger gegeneinander an. Mittlerweile sind beispielsweise zwischen Köln und Berlin oder zwischen Hamburg und spanischen Inseln regelrechte Billigflug-Wettkampfrouten entstanden. Ein einfaches Ticket kostete in der DLR-Stichprobe im Mittel zwischen 44 und 105 Euro, vor einem Jahr waren es 64 bis 107 Euro. Dabei wenden sich immer mehr Reisende Ryanair, Easyjet und Co. zu. Mit 518 Strecken gab es so viele Billigflugverbindungen ab Deutschland wie noch nie in einem Winterhalbjahr. 23 Prozent aller abhebenden Flüge gehören inzwischen zu diesem Geschäftssegment, in ganz Europa sind es gar 29 Prozent. Von den 224 Millionen Passagieren, die 2016 in Deutschland in ein Flugzeug stiegen, dürften laut Hochrechnung der DLR-Forscher, 51 Millionen Billigflugnutzer gewesen sein.
Billigflugmarkt im Umbruch
Aus Sicht der deutschen Luftfahrtforscher vom DLR steht das Billigfluggeschäft vor einem Wandel. „15 Jahren nach dem Beginn der Low-Cost-Verkehre in Deutschland befindet sich dieser Markt in einem Umbruch“, schreiben sie und sprechen gar von einer „Phase zwei“ des Billigfluggeschäfts. Sie ist gekennzeichnet dadurch, dass zum einen Traditionsgesellschaften Billigableger aufbauen – wie Lufthansa mit Eurowings – und zum anderen Preisbrecher der ersten Stunde wie Ryanair sich auf große Flughäfen wie Frankfurt vorwagen. Gleichzeitig zeigt sich eine Konzentration in dem Geschäft. Größter Billiganbieter ist hierzulande mittlerweile die Lufthansa-Plattform Eurowings, die nun für die Hälfte dieses Flugsegments steht. Durch die in den Zahlen noch nicht berücksichtigte Anmietung von Air-Berlin-Jets zum Sommerflugplan dürfte ihr Anteil noch steigen.
Dahinter folgt Ryanair, die Iren zeigen momentan den strammsten Wachstumskurs. Jeder fünfte Billigflug ab Deutschland wird von ihnen angeboten. „Am stärksten erweitert Ryanair das Streckennetz mit zusätzlichen 35 Verbindungen, einem Plus von 25 Prozent“, sagt DLR-Fachmann Peter Berster. Eurowings, Ryanair und Easyjet stehen zusammen für deutlich mehr als 80 Prozent des hiesigen Billigflugangebots, obwohl die Studie 18 Low-Cost-Carrier listet.
Easyjet schlägt einen besonderen Weg ein, um die Profitabilität der eigenen Flüge zu heben. Die Gesellschaft ordert größere Flugzeuge, um die Kosten je Sitzplatz zu senken. Ryanair setzt dagegen seit jeher auf nur einen Flugzeugtyp. Nachdem bei Easyjet bereits begonnen wurde, kleinere Airbus A319-Jets durch A320-Flugzeuge zu ersetzen, werden nun A320-Order durch Bestellungen für 30 größerer A321-Maschinen ersetzt. Die Gesellschaft hat dafür einen Auftrag beim Hersteller Airbus modifiziert. Um 8 bis 9 Prozent sollen die Kosten dadurch sinken.
Wie angespannt der Billigflugwettkampf schon ist, hat zuletzt die Air-France-KLM-Günstigableger Transavia gespürt. Die Gesellschaft hatte sich München als wichtigen Standort ausgeguckt. Weil Eurowings dort expandiert, will Transavia sich im Laufe des Jahres wieder weitgehend zurückziehen.
„Das Streckennetz der Low-Cost-Carrier erreicht mit 518 unterschiedlichen Strecken ab Deutschland in einem Winterhalbjahr einen neuen Höchstwert“, sagte Studienleiter Peter Berster. Gezählt nach Starts komme die Fluglinie aus Dublin hierzulande unter den Billig-Airlines auf einen Marktanteil von 22 Prozent und Easyjet auf elf Prozent. Marktführer sind die Lufthansa-Töchter Eurowings und Germanwings, die zusammen die Hälfte des Marktes kontrollieren. Hier sind die 33 Jets, die die Lufthansa samt Crews von Air Berlin anmietet und seit Februar Schritt für Schritt bei Eurowings einsetzt, noch nicht mitgezählt.
Quellen: DLR, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Münchner Merkur