Die schwierige Lage der Lufthansa ist bekannt, aber mit einem so großen Quartalsverlust haben die Experten nicht gerechnet: Von Juli bis September fiel unter dem Strich ein Minus von zwei Milliarden Euro an. Abschreibungen auf stillgelegte Passagierjets und Finanzgeschäfte zur Absicherung der Treibstoffpreise trieben das Nettoergebnis zusätzlich nach unten. Analysten hatten mit einem Fehlbetrag von 1,6 Milliarden gerechnet. Im Vorjahreszeitraum hatte die Fluggesellschaft noch einen Gewinn in Höhe von 1,15 Milliarden erwirtschaftet. Im Gesamtjahr wuchs der Fehlbetrag damit auf 5,6 Milliarden Euro. Der Umsatz brach wegen der Reisebeschränkungen nach 10,1 Milliarden im vergangenen Jahr um 74 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro ein.
Lufthansa musste in der Krise mit neun Milliarden Euro Finanzhilfen vor einer Insolvenz bewahrt werden. Ende September standen dem Konzern Unternehmens-angaben zufolge noch Mittel in Höhe von 10,1 Milliarden Euro zur Verfügung. Darin sind auch die noch nicht abgerufenen Gelder aus dem Hilfspaket der Bundesregierung enthalten.
Restrukturierung vorantreiben, Flugplan zusammenstreichen, Konzernzentrale zusperren
Man treibe die Restrukturierung im gesamten Konzern voran und mache „die Lufthansa Group in allen Bereichen nachhaltig effizienter“, sagt Vorstandschef Carsten Spohr. Lufthansa baute im dritten Quartal weiter kräftig Personal ab. Der Konzern zählte Ende September noch 124.534 Beschäftigte, also knapp 5.000 weniger als Ende Juni und fast 14.000 Personen weniger als vor Jahresfrist. Insgesamt sollen rund 27.000 Jobs, etwa jede fünfte Stelle, wegfallen.
Auch der Flugplan wurde gekappt: Lufthansa beförderte im normalerweise saisonal stärksten Sommerquartal 8,9 Millionen Fluggäste, ein Fünftel der Vorjahreszahl. Die Lufthansa-Gruppe bot nur rund ein Fünftel der Flüge an. Die Maschinen waren nur zu gut der Hälfte besetzt. Um Geld zu sparen, sperrt die Lufthansa im Winter fast die gesamte Konzernzentrale und viele andere Büros zu.
Angesichts der schwachen Ticketnachfrage wegen der Corona-Pandemie will der Konzern im vierten Quartal weiterhin höchstens ein Viertel der Vorjahreskapazität anbieten. Im kommenden Jahr hofft die Airline, wieder kostendeckend zu arbeiten. Dafür müsste aber wenigstens die Hälfte der Vorkrisenkapazität angeboten werden, wie das Management mitteilt.
Für den morgigen Freitag hat das Bundesverkehrsministerium zu einem Luftfahrtgipfel mit Branchenvertretern geladen. Die Bundesregierung will der angeschlagenen Branche mit weiteren Finanzmitteln vor allem für Flughäfen über die Krise hinweghelfen. Der Flughafenverband ADV setzt auf Rückendeckung der Politik nach dem Luftfahrtgipfel. „Wir haben ganz klar die Erwartungshaltung an die Bundesregierung, dass es einen gemeinschaftlichen Beschluss gibt, dass Flughäfen finanziell unter die Arme gegriffen wird“, sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. „Der Winter wird brutal für uns.“ jwm