In der Diskussion um den Klimaschutz, auch durch die „Fridays for Future“-Bewegung, ist der Flugverkehr in die Kritik geraten. Unter anderem sprach sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dafür aus, Kerosin europaweit zu besteuern. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) sagte in einem Interview mit Zeit online, dass der Flugverkehr bereits vollumfänglich seine Kosten für die Gesellschaft trage. Das stimme nicht, schreibt der Energieökonom Sebastian Timmerberg in einem Gastbeitrag für Zeit online und fordert eine Kerosinsteuer.
Umweltbewusste Menschen hätten inzwischen ein Gefühl dafür entwickelt, es nenne sich „Flugscham“ und sei der Ausdruck des schlechten Gewissens, wenn man in ein Flugzeug steigt. Doch diese individuelle Betrachtung greife zu kurz. Der Klimawandel sei keine Folge der CO2-Emissionen Einzelner, sondern aller Menschen auf dem Planeten zusammen. Deshalb müssten vor allem die Staaten handeln und besonders schädliche Fortbewegungsmittel wie das Fliegen teurer machen, fordert Timmerberg. Außerdem sollten sie Technologien fördern, die künftig CO2-neutrales Fliegen ermöglichen.
Auch wenn der Staat Kerosin über eine Steuer oder Abgabe verteuere, sollte die Regierung die Luftverkehrssteuer nicht abschaffen, sondern ergänzen. Denn diese Abgabe falle auch für Langstreckenflüge an, für die Kersosin aufgrund internationaler Abkommen absehbar nicht verteuert werden kann. Auch das für den Flugverkehr bereits international beschlossene Ermissionshandelsgesetzes Corisa sei kein Argument gegen eine zusätzliche Steuer oder Abgabe auf Kerosin.
Ein höherer Kerosinpreis für Inlandsflüge und möglichst auch für alle Flüge innerhalb der EU hätte, so Timmerberg, mehrere positive Effekte. Ticketpreise für Flugverbindungen würden etwas steigen. Dadurch würden einige Kunden weniger reisen und andere auf Alternativen wie Bus oder Bahn umsteigen. Ein Großteil der Passagiere dürfte aber einfach einen höheren Ticketpreis in Kauf nehmen. Denn in der Vergangenheit hatten die Schwankungen des Kerosinpreises keine großen Auswirkungen auf die Entwicklung der Fluggastzahlen.
Durch höhere Kerosinkosten würden Airlines auch effizienter mit Kerosin umgehen. Zum Beispiel würde es sich für sie eher lohnen, effizientere Flugzeuge anzuschaffen oder Steig- und Sinkflüge zu optimieren. (Dies wird bei Lufthansa schon seit einigen Jahren praktiziert). Außerdem würden dadurch alternative Flugkraftstoffe im Verhältnis günstiger. Diese sind notwendig, um dem Ziel eines CO2-neutralen Flugverkehrs näherzukommen. Bisher ist CO2-armes Kerosin noch sehr teuer. Biokerosin kostet mindestens dreimal so viel. Das würde sich auch durch eine Kerosinsteuer nicht ändern.Deshalb müssten weitere Maßnahmen folgen, um CO2-arme Alternativen langsam in den Flugverkehr einzuführen.
Quote für Biokerosin am von Beispiel Norwegen
Norwegen könnte hier (wie bei so vielem, z.B. bei Elektomobilität) Vorbild sein! Ab 2020 ist dort eine Biokerosin-Quote von 0,5 Prozent gesetzlich vorgeschrieben. Das Biokerosin muss dabei aus organischen Abfällen oder Rückständen erzeugt worden sein, um negative Folgen für die Umwelt zu vermeiden. Durch diese Quotenregelung müssen diese Kraftstoffe tatsächlich produziert, gehandelt und eingesetzt werden. Unternehmen würden Erfahrungen sammeln, die dazu führten, dass sie Abläufe verbessern und die Kosten für Kerosinalternativen würden sinken. Eine derartige Quote wäre auch eine Chance, den Einsatz von Power-to-liquid voranzubringen.
Power-to-liquid – die große Hoffnung
In diese Technologie setzt auch die Luftfahrtbranche große Hoffnungen. Es sind synthetische Kraftstoffe, die auf Basis von Strom aus erneuerbaren Energien CO2 binden. Nutzt eine Flugzeugturbine diesen Kraftstoff, wird das vorher gebundene CO2 wieder freigesetzt – ein Nullsummenspiel und somit CO2-neutral! Doch dieser Prozess wurde bisher nur in kleinem Maßstab erprobt und viele Fragen sind noch ungeklärt, wenn man größere Mengen erzeugen will.
Nimmt man den Klimaschutz ernst, sei es wichtig, sowohl diese Ansätze für einen klimaneutralen Flugverkehr zu fördern, als auch die Steuervorteile der Branche abzubauen. jwm
Quelle: Zeit online