Auf der diesjährigen Hauptversammlung der Airline war eine mögliche Regierungsbeteiligung der Öko-Partei allgegenwärtig und eine Kernbotschaft aus einem der bekanntesten Lieder der US-Sängerin Cher „You Haven’t Seen the Last of Me“ spielte eine Schlüsselrolle. Aufsichtsratsvorsitzender Karl-Ludwig Kley zitierte in seiner Begrüßungsrede Passagen ihrer Ballade, in der es sinngemäß heißt, „ich bin zwar am Boden, werde aber bald wieder oben sein“.Der Aufsichtsratschef erinnerte zum Auftakt der Internethauptversammlung an mehrere Schieflagen in der Unternehmensgeschichte bis hin zur drohenden Insolvenz durch die Corona-Krise im vergangenen Jahr. So etwa, dass die Airliner in dieser existenziellen Krise keinen Zugang mehr zum Kapitalmarkt gehabt hätte.
Der Einstieg der Bundesrepublik als Großaktionär im vergangenen Jahr sei deshalb alternativlos gewesen. Kley fasste die Airline-Geschichte so zusammen: „Wir können Krise.“ Er zog eine Parallele zur Botschaft des Cher-Lieds und prognostizierte zuversichtlich: „Wir kommen wieder auf die Beine.“ Der erhoffte Wiederaufschwung verläuft zum Jahresauftakt durch die Reiseeinschränkungen aber langsamer als erhofft. Im Gesamtjahr wird nur eine Gesamtkapazität von rund 40 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erwartet, auch wenn im Sommer ein erhoffter Buchungsschub durch Reisehungrige kommt.
Top Five weltweit nicht nur beim Umsatz sondern auch bei Nachhaltigkeit
Zur mehrstündigen Hauptversammlung wurden von Aktionären vorab zwar 264 Fragen zu unterschiedlichsten Themen eingereicht. Lufthansa-Chef Spohr setzte einen Gesamtrahmen, als er in seiner Rede das Ziel formulierte, dass die Airline auch künftig unter den Top Five der weltweiten Airline-Gruppen bleiben will, „nicht nur in Bezug auf den Umsatz, sondern auch in Bezug auf Nachhaltigkeit und Qualität“. Er betonte insbesondere die Bedeutung der Umwelt für das künftige Geschäft. Der Konzern setze alles daran, „die Auswirkungen des Fliegens auf die Umwelt weiter zu minimieren“. Spohr betonte, dass das aus voller eigener Überzeugung erfolge: „Nicht, weil wir müssen. Nicht, weil andere es wollen oder fordern.“
Ein Aktionär fragte, welche Folgen eine künftige Regierungsbeteiligung der Grünen auf das Geschäft hätte. Spohr sagte, dass es unabhängig von der Zusammensetzung der künftigen Bundesregierung mit allen Parteien „sehr konstruktive Gespräche über unsere Rolle für die deutsche Wirtschaft“ gebe. Das war sehr diplomatisch. Zum Wohlstand gehöre eine wettbewerbsfähige Luftverkehrsindustrie, so Spohr weiter und er könne sich nicht vorstellen, dass irgendeine Regierung, die Deutschland erfolgreich regieren will, das Risiko eingehen wird, diesen Wohlstand zu gefährden, indem man die Luftverkehrsindustrie gefährdet.
Nachdem die Lufthansa bereits ihre gesamte Flotte des Airbus A380 stillgelegt hat, ließ es Lufthansa-Chef Spohr offen, ob die derzeit in den Niederlanden geparkten Boeing Jumbo-Jets 747-400 wieder eingesetzt werden. Gemeinsam mit dem künftigen neuen Boeing-Modell 777-9 habe die Lufthansa-Gruppe künftig die sparsamsten Langstreckenflugzeuge ihrer Klasse, so der Lufthansa-Chef.
Er verwies auf einen Maßnahmenkatalog, wie die Umweltbilanz verbessert werden soll. „Klimaschutz ist für uns von zentraler Bedeutung“, sagte Spohr. Eine Schlüsselrolle spiele nachhaltig produzierter Treibstoff (SAF), aber davon gebe es bisher nur Minimalmengen. Bestenfalls sei im Jahr 2030 mit einem Anteil von fünf bis zehn Prozent Öko-Treibstoff in den Tanks zu rechnen. Ziel sei, die CO2-Emissionen bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren, um dann bis 2050 vollständig CO2-neutral zu sein.
Privatwirtschaftlich fliegt es sich besser
Besondere Aufmerksamkeit war auf der Hauptversammlung auf Vorratsbeschlüsse für eine Kapitalerhöhung von bis zu 5,5 Milliarden Euro gerichtet. Mit frischem Eigenkapital könnten Jahr für Jahr teurere staatliche Finanzhilfen abgelöst werden. In diesem Zusammenhang Spohr verwies Spohr darauf, dass der Einstieg des Bundes 2020 mit 20 Prozent bislang ein gutes Geschäft für Berlin ist. Der Bund zahlte dabei 2,56 Euro je Aktie und investierte gut 300 Millionen Euro. Inzwischen habe dieses Paket eine Milliarde Euro an Wert gewonnen. Von den 6,8 Milliarden Euro, die von der Bundesregierung zur Stabilisierung zugesagt wurden, seien bisher nur 2,3 Milliarden Euro abgerufen worden. Mit frischem Eigenkapital will die Lufthansa letztlich das Staatskapital ersetzen. „Privatwirtschaftlich fliegt es sich besser“, sagte Aufsichtsratschef Kley.
Viele Fragen der Aktionäre bezogen sich auf verspätete Rückzahlungen von Tickets für ausgefallene Flüge. Laut Vorstand Michael Niggemann gab es 2020 rund 600.000 Beschwerden. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 3,85 Milliarden Euro an Erstattungen ausgezahlt.
Eine halbe Million Anrufe wegen Ticketrückerstattungen
Niggemann verwies auf die einmalige Situation durch die Corona-Pandemie mit der Flut an Kundenrückerstattungen: „Pandemiebedingt waren wir in einer Ausnahmesituation.“ Es habe an einigen Tagen bis zu eine halben Million Anrufe gegeben. Die Lufthansa sei dabei ihren Ansprüchen nicht gerecht geworden, räumte Niggemann ein. Inzwischen sei der Großteil der Erstattungsansprüche abgearbeitet.