Lufthansa gerettet! Aktionäre stimmen Rettungspaket zu

Foto: Lufthansa

Mit 5,7 Milliarden Euro in Form einer stillen Beteiligung liefert der Staat die dringend benötigte Liquidität, um den Flugbetrieb am Laufen zu halten. Hinzu kommt ein KfW-Kredit in Höhe von 3 Milliarden Euro. Mit rund 300 Millionen Euro der geringste Teil des Pakets war die Schaffung von knapp 120 Millionen neuer Aktien, die den Bund zum 20-prozentigen Anteilseigner machen. Doch das war der Streitpunkt: Der Bund machte die Beteiligung zur absoluten Bedingung. Das Mitspracherecht des Staates störte das Management und vor allem Großaktionär Heinz Hermann Thiele (79) und brachte den Deal beinahe zum Platzen.

Lufthansa-Chef CEO Carsten Spohr bei der digitalen Aktionärsversammlung: „Das Stabilisierungspaket ist der Schlüssel für unsere Zukunft. Gemeinsam mit der Bundesregierung muss es unser Ziel sein, unsere Spitzenposition im globalen Wettbewerb zu verteidigen.“

Chart: Lufthansa-Aktienstruktur, wem gehört die Lufthansa – Infografik

Doch eines ist klar: Finanzminister Olaf Scholz (62, SPD) verschenkt mit diesem Rettungspaket kein Steuergeld, im Gegenteil. Die Lufthansa-Rettung könnte für den Bund und somit für den Steuerzahler zu einem guten Geschäft mit Milliarden-Gewinn werden. Carsten Spohr: „Dieser Betrag ist mit einer Verantwortung verbunden, nämlich dieses Geld möglichst schnell an den Steuerzahler zurückzuzahlen. Das Stabilisierungspaket ist kein Geschenk. Wir werden für die Rückzahlung bis zuletzt hart arbeiten müssen.“ Die Rückzahlung nebst Zinsen werde eine enorme Mehrbelastung für die Airline sein und das Unternehmen zu entschlossenen und schmerzhaften Maßnahmen zwingen, auch zur Reduktion der Personalkosten.

Bund will sich nicht in das operative Geschäft einmischen

Nun habe der Konzern eine Perspektive „die gegenwärtig schwerste Herausforderung ihrer Geschichte zu bestehen und zu überstehen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Donnerstag in Berlin. Die Lufthansa habe eine Chance, daraus gestärkt hervorzugehen. Die Beteiligung werde „keinen Tag länger“ bestehen als notwendig. Der Bund mische sich nicht ins operative Geschäft ein. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte, das sei eine gute Nachricht für das Unternehmen selbst, die Beschäftigten und den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Mit den Finanzhilfen stabilisiert die Bundesregierung ein großes deutsches Unternehmen, das kerngesund war und durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie in schwere Turbulenzen geraten ist.“

Verkehrsminister Andreas Scheuer sagte in BILD Live, er sei froh über die Entscheidung: „Die Lufthansa kann jetzt dieses Rettungspaket nehmen, die Lufthansa ist damit geschützt und gestützt und deswegen ist es auch eine Botschaft für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Zukunft wird ohnehin anstrengend. Ich rechne damit, dass die Luftverkehrswirtschaft in der Welt als auch global gesehen eine Neuverteilung erlebt, und deswegen muss die Lufthansa – unsere Airline – stark bleiben. In dieser Situation der Corona-Pandemie und der Krise zeigt sich, wenn alle ihrer staatspolitischen Verantwortung nachkommen, dass auch Aktionäre, die Chefetage der Lufthansa und die Politik zusammen Lösungen finden.“ Es werde eine harte Sanierung sein und es werde einen Verlust von Arbeitsplätzen geben, denn  am 1. Juli würden die Passagierzahlen nicht wieder Rekordhöhe erreichen, so wie man es vor Corona erlebt habe.  Es werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, durch diese Krise zu kommen. 

Ohne Rettungspaket wäre Lufthansa in den nächsten Tagen insolvent gewesen

Im Ringen um das Rettungspaket hatte die Lufthansa-Spitze den Druck auf die Aktionäre noch einmal erhöht. „Wir haben kein Geld mehr“, sagte Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley bei der außerordentlichen Hauptversammlung des Konzerns. Ohne das Unterstützungspaket von neun Milliarden Euro hätte die Airline Kley zufolge „in den nächsten Tagen“ die Insolvenz anmelden müssen. Nach der Annahme des Rettungsplans sagte Kley: „Wir schaffen das!“ Das Konzept bedeute für Lufthansa in den kommenden Jahren erhebliche finanzielle und strukturelle Belastungen, so Kley. „Für den Staat ist es ein durchaus lukratives Geschäft.“ Dennoch gebe die Vereinbarung dem Unternehmen Raum und Zeit, um die Krise zu überwinden. Der Vorstand des Unternehmens bezeichnete das Paket als alternativlos. Mehr sei nicht durchsetzbar gewesen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr zeigte sich zuversichtlich, die Einlagen und Kredite fristgerecht bedienen zu können. Man sei auch nicht verpflichtet, Kredit und Einlagen in voller Höhe abzurufen.

Die Entscheidung hatte sich abzeichnet, nachdem der Großaktionär Heinz Hermann Thiele zuvor in seiner Haltung umgeschwenkt war. Thiele steht den Staatshilfen kritisch gegenüber, weil er befürchtet, dass dadurch die Aktien der Fluggesellschaft an Wert verlieren könnten. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hatte er aber verkündet, für das Rettungspaket stimmen zu wollen. Wegen der schwachen Beteiligung der übrigen Stimmrechtsinhaber mit einer Präsenz von 39,3 Prozent hätte er mit seinem Aktienanteil von mindestens 15,5 Prozent Gelegenheit zu einer Blockade gehabt.

Einigung mit UFO

Vor der Hauptversammlung hatten sich das Unternehmen und die Gewerkschaft UFO auf ein Krisenpaket für die Flugbegleiter mit Einsparungen von mehr als einer halben Milliarde Euro verständigt. Das Paket umfasst laut UFO einen vierjährigen Kündigungsschutz sowie ein Einsparvolumen von über einer halben Milliarde Euro bis Ende 2023. Die Lufthansa teilte mit, unter anderem würden Vergütungsanhebungen ausgesetzt sowie die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung zeitweise reduziert.

Genehmigung der EU-Kommission

Auch die Wettbewerbshüter der EU hatten den Weg für das Rettungspaket freigemacht. Die Freigabe unterliegt allerdings der Bedingung, dass die Lufthansa Verpflichtungen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen einhält. Zu diesen zählt, dass die Lufthansa Start- und Landerechte an den Hauptstandorten Frankfurt und München abgeben muss. Dies soll es der Konkurrenz ermöglichen, eine Basis mit bis zu vier Flugzeugen an den Standorten aufzubauen.

In der Corona-Krise stand die Flotte der Lufthansa nahezu komplett am Boden. Allein in den Monaten Januar bis März schnellte der Verlust des Konzerns nach Steuern und Abschreibungen um mehr als 500 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 2,1 Milliarden Euro hoch. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Pandemie in Europa noch nicht einmal ihren Höhepunkt erreicht.

Quellen: Lufthansa, dpa, tagesschau.de, Bild.Live

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