Laut Nachrichtenmagazin „Spiegel“ befürworten Regierungsvertreter einen Direkteinstieg. Demnach sollen 5,5 Milliarden Euro in Form einer stillen Beteiligung des Bundes an die Lufthansa fließen. Im Gegenzug verlangt die Bundesregierung offenbar eine Garantiedividende von neun Prozent. Außerdem wolle der Staat mit 25,1 Prozent direkt bei der Lufthansa einsteigen, was knapp eine Milliarde kosten dürfte. Weitere 3,5 Milliarden Euro solle die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beisteuern. Hierfür wolle die Regierung eine Bürgschaft übernehmen, hieß es.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte bis zuletzt vor einem zu großen Staatseinfluss auf sein Unternehmen gewarnt. Mit dem Staat am Steuer lasse sich der Konzern nur sehr schwer lenken. Jetzt sieht es aber doch so aus, dass künftig ein oder zwei politische Vertreter mit im Aufsichtsrat sitzen könnten. Dieser wird übrigens kommenden Dienstag neu zusammengesetzt. Auf der Hauptversammlung der Deutschen Lufthansa AG müssen fünf Aufsichtsräte nachbesetzt werden.
Spohrs übergreifendes Ziel: die Lufthansa Group zusammenhalten
In einem vorab veröffentlichten Redemanuskript des Vorstandsvorsitzenden betont Carsten Spohr, dass Lufthansa auch nach der Corona-Krise wettbewerbsfähig sein müsse. An die Aktionäre erklärt er: „Staatshilfen sind kein Selbstzweck. Wir verbinden damit klare Ziele und sehen uns gegenüber den Steuerzahlern, die diese Hilfen ermöglichen, in der Verantwortung: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wollen wir – egal in welchem Szenario – die Lufthansa Group und die europäische Airline Gruppe zusammenhalten. Das ist unser übergreifendes Ziel.“
Spohr will „keine staatliche Geschäftsführung“ Für ihn ist klar: Wenn Lufthansa im globalen Wettbewerb langfristig gegen die jeweils drei großen Airline-Gruppen in den USA, in China und am Golf bestehen wolle, dann nur als europäische Airline Gruppe. „Vor allem dürfen wir uns nicht überschulden. Das würde uns über Jahre lähmen. Wir müssen schon heute an einem Plan arbeiten, wie wir staatliche Kredite und Beteiligungen so schnell wie möglich wieder zurückführen können. Die Politik ist aufgerufen, darauf zu achten, dass Hilfen nicht zu einer Schieflage im internationalen Wettbewerb führen“, appelliert der Lufthansa-Chef. Insbesondere Wettbewerber aus den USA, China oder auch die sogenannten Billigairlines versuchten sich jetzt in der Corona-Krise mit staatlicher Hilfe gesund zu sanieren.
USA: 25 Milliarden Dollar schweres Rettungspaket schon vor vier Wochen
In den Vereinigten Staaten ist schon vor mehr als vier Wochen ein Rettungspaket für dortige Fluggesellschaften geschnürt worden – 25 Milliarden US-Dollar schwer. Rund ein Fünftel dieser Summe sollen die Airlines quasi geschenkt bekommen.
In seiner Rede betont Spohr nochmals, er brauche „keine staatliche Geschäftsführung“. Doch sollte, wie sich jetzt abzeichnet, der Staat ein Aktienpaket erwerben und damit eine Sperrminorität erhalten, dann hätte er auch Einfluss auf große strategische Entscheidungen im Unternehmen. Und auf künftige Regelungen bei der Vergütung der Vorstände.
Air France/KLM: Rettungspaket mit Klimazielen verknüpft
Ein Blick auf europäische Nachbarn in der Luftfahrtbranche zeigt, wie dort ein Hilfspaket für die Airlineholding AirFrance-KLM mit Bedingungen verknüpft worden ist. Frankreich und Holland machen Milliardensummen locker, die Darlehen sind aber mit klaren Auflagen verbunden. Ein bereits vorgelegter Restrukturierungsplan muss jetzt massiv beschleunigt werden. Außerdem fordert die Regierung in Paris, dass Air France wenig rentable Inlandstrecken in Frankreich kappt.
Auch Klimaschutz spielt für das Rettungspaket eine wichtige politische Rolle: So soll die Flotte kontinuierlich auf weniger Treibstoff verbrauchende Maschinen umgerüstet werden. Und AirFrance-KLM muss auf Inlandflügen generierte CO2-Emissionen zu 100 Prozent kompensieren. Sauberer fliegen, leiser fliegen, dafür greifen beide Staaten der Holding unter die Arme.
Auch in den USA hat die Regierung den Passagierfluggesellschaften Vorgaben gemacht. Der Deal lautet: Für die Milliardenspritze dürfen die Airlines bis Ende September keine Mitarbeiter entlassen. Darüber hinaus müssen sie garantieren, ihr Streckennetz zumindest minimal zu bedienen. Was jetzt aber auch dazu führt, dass in den USA Jets größtenteils leer fliegen und den Inlandsverkehr aufrechterhalten. Teilweise mit Zwischenlandungen, um mit einem Flug mehrere Flughäfen anzusteuern. Ein staatlich bestelltes Sammelflugtaxi – jenseits von wirtschaftlicher und ökologischer Effizienz.
Quellen: ARD, Reuters, Spiegel