Sonnenstürme oder Strahlungseruptionen können Störungen hervorrufen, die technische Systeme im Erdorbit beeinflussen oder sogar beschädigen. Je nach Ausmaß kann dies den Ausfall von Navigations- und Kommunikationssystemen bedeuten. Dies kann wiederum den Betrieb in der zivilen Luftfahrt beeinträchtigen.
Die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) hat drei globale Weltraumwetterdienstzentren benannt, die die Luftfahrt mit Beobachtungen und Prognosen über den erdnahen Weltraum und die atmosphärischen Bedingungen bei starken Sonnenstürmen unterstützen werden. Eines der Zentren wird vom europäischen PECASUS-Konsortium (Pan-European Consortium for Aviation Space Weather User Services) unter der Leitung des Finnish Meteorological Institute (FMI) aufgebaut. Mit seiner langjährigen Erfahrung in der Beobachtung und Modellierung des ionosphärischen Plasmas wird das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Daten über den aktuellen Zustand der Ionosphäre bereitstellen. Diese Daten werden in PECASUS verwendet, um der Luftfahrt Informationen zu möglichen Störungen der Satellitennavigation und -kommunikation bereitzustellen.
„Wir freuen uns ganz besonders, dass das DLR mit seinen Kompetenzen dazu beitragen kann, einen globalen Weltraumwetter-Dienst zur Unterstützung der Luftfahrt zu entwickeln“, sagt der DLR-Projektverantwortliche Dr. Jens Berdermann. Er arbeitet am Institut für Kommunikation und Navigation und betreut die Entwicklung des Ionosphere Monitoring and Prediction Centers (IMPC) des DLR in Neustrelitz. Dort forschen Experten an den Ursachen und Auswirkungen des sogenannten Weltraumwetters und liefern spezifische Informationen über den aktuellen Zustand der Ionosphäre.
Seit der Eröffnung der nördlichen Polrouten Ende des 20. Jahrhunderts hat die Beeinflussung des Luftverkehrs durch Weltraumwetter zugenommen. Neben der Beeinträchtigung von Navigations- und Kommunikationsinstrumenten können starke Sonnenstürme die Strahlungswerte in der Atmosphäre in Flughöhe erhöhen. Dies belastet die Passagiere in Verkehrsflugzeugen zusätzlich.
Die Luftfahrtorganisation ICAO hat auf das erhöhte Risiko reagiert, indem sie Warnhinweise zu Weltraumwettergefahren in ihre Luftfahrtvorschriften aufgenommen hat. Diese Hinweise enthalten Informationen zu den vorherrschenden und zukünftigen Bedingungen für die nächsten 24 Stunden und sollen Piloten im „Briefing“ sowie den Flugverkehrsmanagementzentren in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. Das PECASUS Konsortium, unter finnischer Leitung und mit Beteiligung des DLR, hat nun begonnen, der ICAO diese Informationen bereitzustellen. „Das DLR ist prädestiniert hierzu einen entscheidenen Beitrag zu leisten, da es neben der erwähnten Expertise auch an der Gestaltung der Navigationsverfahren mitwirkt. Aus der Kombination dieser beiden Kompetenzen, lassen sich sowohl die Inhalte der Informationen als auch die Reaktionen darauf in bestmöglicher Weise aufeinander abstimmen“, sagt Prof. Christoph Günther, Direktor des Instituts für Kommunikation und Navigation.
Das PECASUS-Konsortium
Das Paneuropäische Konsortium für Luftfahrtwetterdienste (PECASUS) bietet eine umfassende technische und wissenschaftliche Expertise durch die Kombination von führenden europäischen Weltraumwetterinstitutionen aus den Ländern: Finnland (Koordinator), Großbritannien, Belgien, Deutschland, Italien, Niederlande, Polen, Österreich und Zypern. Das PECASUS-Konsortium wurde im Februar 2018 von Experten für Weltraumwetter für operative Dienste zertifiziert.
Zukünftiges Institut für Weltraumwetter am DLR-Standort Neustrelitz
Die komplexe Überwachung und Erforschung des Weltraumwetters in seiner Erscheinungsvielfalt und mit seinen Auswirkungen, beispielsweise in der Satellitentechnologie, der Luftfahrt, der Telekommunikation und Navigation ist eine wichtige nationale Aufgabe. Dafür wird am Standort Neustrelitz auf Basis bestehender Strukturen ein neues Institut für Weltraumwetter aufgebaut. Ziel des Institutes ist es, Voraussetzungen zu schaffen, um Menschen und deren technischen Einrichtungen vor den Auswirkungen des Weltraumwetters zu schützen. Hierfür entwickeln die Fachleute Methoden und Instrumente, um das Weltraumwetter und dessen Auswirkungen auf der Erde und dem erdnahen Weltraum zu verstehen, zu modellieren und vorherzusagen. Mit den Ergebnissen entwickeln sie Verfahren, um verschiedenste Korrekturdaten, Zustandsinformationen und Warnungen zeitnah für die Nutzer bereitstellen zu können. Das neue Institut soll unter anderem dazu beitragen, Weltraumwetterprodukte und -services für die Luftfahrt nach den jeweils aktuellen Bedürfnissen weiterzuentwickeln und damit die ICAO zuverlässig zu unterstützen.
Quelle: DLR