Vier Museen in Frankfurt versuchen, die oft unklaren Wege der Objekte ins Museum aufzuzeigen. „Legalisierter Raub“ heißt die Wanderausstellung. Sie wurde vom Hessischen Rundfunk und vom Fritz-Bauer-Institut organisiert. Das Ziel besteht darin, über die seit 1933 stattfindende Entrechtung und Ausraubung der jüdischen Bevölkerung zu informieren. Nun findet der Abschluss dieser Ausstellung im neu eröffneten Historischen Museum in Frankfurt statt.
Von Suse Rabel-Harbering
Angeschlossen an das einmalige Projekt haben sich das Museum Angewandte Kunst, das Museum Judengasse sowie das Museum Weltkulturen. Anschaulich vermittelt das Historische Museum, wie ab 1933 die jüdische Bevölkerung schrittweise aus der Öffentlichkeit, der Wirtschaft, dem kulturellen Leben verdrängt wurde. Mehr noch durch perfide Steuermaßnahmen (Zwangsabgaben, Reichsfluchtsteuer etc.) gezwungen wurde, ihre Besitztümer unter Wert zu veräußern. Kunstgegenstände konnten sogar als „national wertvolles Kulturgut“ vor der Auswanderung ihrer Besitzer beschlagnahmt werden. So profitierten von der Verfolgung und Entrechtung der Juden sowohl private Sammler als auch Galerien und Museen.
In das Historische Museum gelangten eine Vielzahl wertvoller Zeremonialobjekt des religiösen Lebens aus dem damaligen Museum Jüdischer Altertümer und auch aus den Synagogen mit der Begründung, diese „sicherzustelllen“ und vor „weiterer Zerstörung zu retten“. Zu diesem Objektkonvolut zählt ein reich verzierter Weinkelch aus Silber, der nun im Museum Judengasse zu sehen ist. Es handelt sich um ein Geschenk aus Anlaß der Bar Mizwa (im Judentum die religiöse Mündigkeit) des Sohnes der Familie Glauberg. Dem Sohn gelang die Flucht nach Frankreich, er wurde jedoch von dort nach Auschwitz deportiert.
Aus der Sammlung des jüdischen Textilfabrikanten Joseph Pinkus präsentiert das Museum angewandte Kunst seltene Silberobjekte. Sie wurden während des Nationalsozialismus aufgrund der Zwangsabgabe von Edelmetallen für Juden der Erbin Hedwig Ehrlich entzogen. 2017 konnten im Zuge der Provenienzforschung zehn Stücke davon identifiziert und restituiert, also rückerstattet, werden.
Das Weltkulturen Museum ergänzt den Ansatz der Provenienzforschung aus dem Nationalsozialismus und versucht mit Fallbeispielen eine Annäherung zu Aneignungsmethoden auch aus der kolonialen Vergangenheit. Zu den wenigen Objekten gibt es viele Texte, die sich als einndrückliche Erzählung erweisen, zumal sie die sich verzweigenden Pfade der Sammlungsgegenstände von deren Ursprungsort bis ins Museum aufspüren.
Bei vielen Objekten sei der Weg ins Museum unklar, betonen die Kuratorinnen Vanessa von Glysczynski und Julia Friedel. Erschwerend kommt außerdem hinzu, dass während des Zweiten Weltkriegs zwei Drittel der Bestände und das Archiv des damaligen Museums für Völkerkunde zerstört wurden und damit auch die Dokumentierung über den Erwerb der Objekte. Dennoch erfahren wir, dass ein deutscher Forschungsreisender auf der Insel Flores in Indonesien sich die Tasche eines Zauberpriesters aneignete, in der sich geweihte Utensilien befanden. Die als Entschädigung zugewiesenenen Geldscheine befremden den Schamanen. „Der Besitzer wurde blasser und zuckte zusammen“, schrieb der Forschungsreisende in sein Tagebuch. Handelt es sich dabei um einen Kauf, um einen Tausch oder eine unrechtmäßige Aneignung?
Es gibt noch viel zu tun, um die komplexen Fragestellungen, wie die Gegenstände ins Museum kommen, beantworten zu können. Doch die in Frankfurt gezeigten Ergebnisse sind erstaunlich.
http://www.historisches-museum-frankfurt.de
https://www.juedischesmuseum.de https://www.museumangewandtekunst.de/
https://www.weltkulturenmuseum.de