Schon 2014 begeisterte Gregory Porter beim Rheingau Musik Festival das Publikum – damals im Cuvéehof von Schloss Johannisberg. Gestern, am 3. August, tat er dies im Kurpark in Wiesbaden. Tiefgründiger Soulsänger, oder einer der beeindruckendsten Jazzsänger der Gegenwart? Musikkritiker tun sich schwer, ihn stilistisch einzuordnen.
Um Schubladen kümmert sich der samtige Bariton mit der unverkennbaren Kopfbedeckung, der als Kind mit seiner Mutter in der Kirche Gospel sang, nicht. Gregory Porter gilt seit seinem Durchbruch mit dem Album „Liquid Spirit“, für das er 2014 einen Grammy erhielt, als einer der herausragendsten Sänger unserer Zeit, der nicht nur im Jazz zu Hause ist, sondern auch im Soul, Rhythm & Blues und Gospel.
Seit Porter im Jahr 2010 mit „Water“ sein erstes eigenes Album herausbrachte, verzaubert er mit seiner vollen, samtigen Baritonstimme ein sehr heterogenes Publikum. „Ich betrachte mich selbst definitiv als Jazzsänger, aber ich liebe den Blues, schwarzen Southern Soul und Gospel musik nicht weniger“, meint er. Mehr noch als all diese Einflüsse, die seine ersten vier Studioalben geprägt haben, liebte Gregory Porter aber von klein auf die Musik des Crooners Nat King Cole. Auf seinem fünften Studioalbum „Nat King Cole & Me“ hat er seinem großen Idol stilvoll Tribut gezollt. Erst mals ist Porter dabei nicht mit seiner eigenen Band zu hören, sondern mit einem Klavier-Trio und einem 70-köpfigen Orchester, für das kein Geringerer als Vince Mendoza die Arrangements schrieb.
Man kann den Künstler, der am 4. November 1971 im südkalifornischen Bakersfield zur Welt kam, als Spätstarter bezeichnen, war er doch bereits 39 Jahre alt, als er sein erstes eigenes Album für das kleine, aber feine Independent-Label Motéma aufnahm. Dafür war sein Aufstieg seit dem umso rasanter. Sowohl für „Water“ als auch für das 2012 erschienene Nachfolgealbum „Be Good“ wurde er für den Grammy nominiert. „Porter fusioniert Jazz und Soul besser als alle seine zeitgenössischen Kollegen “, meinte das US-Magazin Soul Tracks und krönte „Be Good“ zum potenziell besten Album des Jahres. In Deutschland und England erhielt er für „Liquid Spirit“ eine Platinauszeichnung.
In seinen Liedern thematisiert er auch das Rassenproblem in den USA. Sein Bruder wurde 1980 angeschossen, als er sich nach Porters Worten in einem überwiegend „weißen“ Stadtviertel aufhielt, und auch seine Familie wurde in dieser Zeit Opfer rassistischer Ausschreitungen.
Er trat nach seinem Plattenerfolg bei vielen großen Jazzfestivals auf, so 2011 und 2014 auf dem Elbjazz Festival und dem Blue Note Jazz Festival, 2012 auf dem Chigago Jazz Festival, dem Charlie Parker Festival und dem North Sea Jazz Festival. Er ist auch in England populär, seit ihn 2011 und 2012 Georgia Mancio zu ihrem Revoice Festival holte und er Auftritte mit Jamie Cullum hatte. Auch das Rheingau Musik Festival reiht sich ein und zeigt einmal mehr wie vielseitig nicht nur das Programm sondern auch das Angebot an Musikprominenz nahezu aller Genres ist.