Das Bundesverfassungsgericht hat am 11. Juli das Tarifeinheitsgesetz weitestgehend gebilligt. Es fordert aber Nachbesserungen. Mit seiner Entscheidung wies das Gericht gleichzeitig Klagen der Flugbegleitergewerkschaft Ufo und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) ab.
Die Richter fordern Nachbesserungen für den Schutz von Spartengewerkschaften. Zwei der acht Richter trugen das Urteil nicht mit. Sie halten das Gesetz für verfassungswidrig. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte das Gesetz auf den Weg gebracht. Es soll verhindern, dass sich Gewerkschaften Machtkämpfe
liefern. Es setzt sich der Tarifvertrag jener Gewerkschaft durch, die im Betrieb die meisten Beschäftigten hinter sich hat. Die unterlegene Gewerkschaft kann sich nur anschließen.
„Kleinere Gewerkschaften bleiben durch das Tarifeinheitsgesetz bedroht. Minderheiten können sich nicht von der Gewerkschaft vertreten lassen, für die sie sich frei entschieden haben“, sagte VC-Präsident Ilja Schulz in einer Mitteilung. Man werde die Umsetzung des Urteils kritisch verfolgen. Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo sieht sich trotz des Urteils gestärkt. Bei Fluggesellschaften, bei denen man derzeit kein Tarifpartner sei, helfe die Entscheidung aus Karlsruhe, sagte Ufo-Sprecher Nicoley Baublies im Gespräch mit airliners.de. Auch Minderheitengewerkschaften dürften weiterhin streiken – ganz unabhängig davon, ob der spätere Tarifvertrag nun gelte oder nicht .Bundesarbeitsministerin Nahles begrüßte die Entscheidung des Gerichts. „Das Tarifeinheitsgesetz stärkt die solidarische Interessenvertretung durch die Gewerkschaften“, teilte die SPD-Politikerin mit. Auch die Arbeitnehmer würden von der Regelung profitieren.
Aus Sicht von Henrik Lüthge und Markus Künzel, Fachanwälte für Arbeitsrecht, ist das Urteil überraschend eindeutig klar: „Die geforderten Nachbesserungen betreffen nicht den Kerngedanken des Tarifeinheitsgesetzes. Insgesamt ist das Urteil eine große Enttäuschung für die Kläger, einschließlich der Vereinigung Cockpit und der Ufo“, so Lüthge. Es bleibe abzuwarten, wie der Gesetzgeber der auferlegten Neuregelung konkret nachkomme, ergänzt Künzel. Außerdem müssten Arbeitsgerichte weitere „Leitplanken für die Zulässigkeit von tarifvertraglichen Regelungen mit Minderheitsgewerkschaften und deren Recht zum Arbeitskampf“ etablieren.
Die beiden Experten gehen davon aus, dass Gewerkschaften künftig enger zusammenarbeiten werden. In der Luftfahrt gelte dies insbesondere für das fliegende Personal bei den Airlines, also Cockpit und Kabine. „Verdi einerseits und die VC beziehungsweise Ufo andererseits werden hier mehr aufeinander zugehen müssen“, so Lüthge.
Quelle: dpa