Die Automatisierung der menschlichen Tätigkeiten hat im Laufe der Zivilisationsentwicklung zu immer höherer Komplexität geführt, aber auch zu Emanzipation und Befreiung. Viele Menschen konnten durch den Maschineneinsatz ihre Bildung erhöhen, ihre Lebensweisen differenzieren und ihre Beziehungen vielfältiger leben.
Ein gekürzter und bearbeiteter Auszug aus einem Artikel von Matthias Horx aus dem Zukunftsreport 2017
Man stelle sich nur vor, wir würden heute noch in einer Arbeitswelt leben wie vor hundert oder zweihundert Jahren: Die Hälfte aller Menschen arbeitet schwer körperlich, ein großer Teil der Industriearbeit ist Minenarbeit, bei der auch Kinder eingesetzt werden. Fabriken sind zunächst Orte für schwere körperliche Arbeit, später für monotone Fließbandarbeit. Sollte man es dabei belassen und keine Roboter einsetzen – aus Angst vor dem großen Arbeitsdiebstahl und um „Arbeitsplätze“ zu bewahren?
Im Lauf der menschlichen Zivilisations-Entwicklung wandelte sich die Kultur der Arbeitswelt von den alten Hierarchien in Richtung einer freieren, dezentraleren, kreativeren, selbstbestimmteren Arbeit. Heute steuern Techniker, Wissenschaftler, Spezialisten, Servicekräfte und „Meta-Designer“ ganze Prozesse und Abläufe, kontrollieren, entwerfen und verändern. Und humane Dienstleistungen, wie Alten- und Krankenpflege, die früher vor allem von Frauen in der Familie übernommen wurden, sind zur Erwerbsarbeit geworden.
Warum können wir das nicht einfach so hinnehmen? Weil wir laut Matthias Horx die Wirklichkeit immer nur aus der Perspektive des einzelnen Schicksals betrachten können, und nicht aus der Dynamik des Systems. Die Tatsache, dass wir heute – am Ende zahlreicher technischer Rationalisierungswellen – mehr Erwerbsbe-teiligung als jemals zuvor in der Geschichte haben, werde in der Roboter- und KI-(Künstliche Ingelligenz)Diskussion schlichtweg ignoriert. Dass ausgerechnet in Ländern mit hohem Automatisierungsgrad – Japan, Deutschland, Amerika, Skandinavien – eine geringe Arbeitslosigkeit herrscht, komme im Angst-Zukunftsbild nicht vor.d
Die Gesellschaft muss sich auf die Komplexität einlassen
Die evolutionäre Drift hin zu einer höheren Komplexität der Arbeit habe eine wichtige Bedingung: Die ganze Gesellschaft müsse sich auf das Spiel und den Weg der Komplexität einlassen! Damit durch Automatisierung die „nächste Gesellschaft“ entstehe, müsse sich die kognitiven Wirklichkeit betrachten wir oft nur als Einzelschicksale statt als Systemdynamiken Fähigkeiten verbessern. Die Bildungspotenziale vermehrt werden. Die Vernetzungen differenzierter sein. Kommunikationsfähigkeiten werden entscheidend, Fleiß verliere an Bedeutung. Das Win-win-Spiel der Arbeit erfordere ein anderes gesellschaftliches Mindset, das die Angst loslasse und Roboter als Chance begreife. Möglich sei das, indem wir uns unseres Wesenskerns wieder bewusst werden – das, was uns für immer von den Robotern unterscheiden wird: Schmerz, Sterblichkeit, Liebe, Kreativität und wahre Empathie.