Die Lufthansa Lowcost-Tochter Eurowings hat in Palma de Mallorca ihre erste Basis im nicht deutschsprachigen Ausland eröffnet und bedient von dort 23 Ziele in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Eurowings springt in die Lücke, die die strauchelnde Air Berlin hinterlässt, baut ihr Netz massiv aus und macht Niki und Ryanair Konkurrenz. Eurowings-Geschäftsführer Oliver Wagner rechnet im ersten Jahr mit einer Million Passagieren, womit die Lufthansa-Tochter hinter der Noch-Air-Berlin-Tochter Niki (die mit TUIFly fusioniert werden soll) und Ryanair auf Platz drei läge. Mittelfristig will Wagner auf der Ferieninsel Marktführer werden.
Österreich profitiert von der Eurowings-Expansion: Zum einen gibt es Direktverbindungen von Palma nicht nur nach Wien, sondern auch nach Salzburg, Linz und Graz. Zum anderen kommt das Personal der sechs Airbus A320, die in Palma stationiert werden, von Eurowings Europe. Deren flugrechtlicher Sitz ist in Wien. Über mangelnde Nachfrage kann sich Eurowings nicht beklagen: Für die 100 Piloten- und Flugbegleiterjobs gab es 2500 Bewerbungen. Ungeachtet dessen stationiert AUA-Mutter Lufthansa zu den drei bestehenden Eurowings-Maschinen noch drei weitere in Wien. Mallorca wiederum profitiert von massiven Buchungsrückgängen wegen der unsicheren politischen Lage in der Türkei, am Roten Meer und in Nordafrika. Nach zwölf Millionen Gästen werden 2017 an die 15 Millionen erwartet.
„Im Nachhinein ist man immer gescheiter“
Eurowings will in diesem Jahr 33 Millionen Passagiere mit bis zum Jahresende 160 Flugzeugen befördern und im umkämpften Markt der Billigfluglinien zum verspäteten Gegenangriff ausholen. „Im Nachhinein ist man immer gescheiter“, räumte Oliver Wagner ein, den Billigflugtrend und den Aufstieg von Ryanair unterschätzt zu haben. Der Geschäftsführer von Eurowings im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „Wir hätten damals die Billigfluglinie Germanwings schneller ausbauen müssen.“ Germanwings gehörte zur Lufthansa und war quasi der Vorläufer von Eurowings. „Aber jetzt geben wir Gas“, sagt Wagner, „alleine im Mai bieten wir 30 Prozent mehr Sitze an, und wir sind in der Lage, das alles abzusetzen, auch ohne Preisverluste.“ 2018 soll dieses Wachstum auch profitabel sein, sagt der kaufmännische Geschäftsführer bei Eurowings, heuer belasten noch strukturelle Kosten die Bilanz. Denn es gilt, 33 Flugzeuge, die von Air Berlin kommen, einzugliedern und ebenso die rund 50 Flugzeuge von Brussels Airlines, die seit Kurzem zur Gänze der Lufthansa gehört.
Die Eurowings-Basis in Wien ist für Wagner eine sehr wichtige. „Sie ist ja unser Wachstumsmotor außerhalb von Deutschland. Zu den Vorwürfen der Gewerkschaft, die Mitarbeiter von Eurowings in Österreich stünden immer noch in einem „sozialen Leerraum“, also ohne Tarifvertrag da, sagt Wagner: „Es gibt Gespräche. Die Gewerkschaft hat ihre Vorstellungen, wir haben unsere – die Gespräche laufen.“ Eurowings und Lufthansa darum, den Markt mit günstigen Flugtickets nicht alleine Ryanair, Easyjet oder Norwegian zu überlassen. „Wir wollen es den Mitbewerbern so schwierig wie möglich machen, in unsere Heimatmärkte einzudringen.“
„Wir müssen uns stärker europäisieren“
Das allerdings passiert bereits. So hat sich Ryanair mit dem Flughafen Frankfurt auf günstige Tarife geeinigt und dort Flugzeuge stationiert. Ab September folgt München. Ein Angriff auf die Lufthansa-Kerngebiete also. Als Antwort werden Eurowings-Flugzeuge in München stationiert, mit Frankfurt wird derzeit verhandelt. Denn der Lufthansa-Konzern will die selben günstigen Tarife wie Ryanair. Der Verhandlungsausgang ist offen.
Wagner stellt klar, dass Eurowings auch über die Heimmärkte hinaus blicken muss. „Wir müssen uns stärker europäisieren.“ Denn die Konsolidierung am Markt kommt in Schwung. Der Verkauf von Alitalia hat begonnen, wie lange Air Berlin noch durchhält, ist offen. „Da gibt es auch Chancen für Eurowings“, zeigt sich Wagner offen für neue Kunden.
Quellen: Die Presse, Kleine Zeitung