Die Luft für traditionelle Airlines wird dünner

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Rollverkehr auf dem Frankfurter Flughafen/Foto: DLR

Vor allem Billigfluganbieter wie Easyjet oder Ryanair werden im kommenden Jahr mehr Passagiere an die größeren deutschen Flughäfen holen. Die Zahl aller Passagiere werde 2017 abermals um rund 3,1 Prozent zulegen, heißt es in einer Prognose des deutschen Flughafenverbandes ADV in Berlin. Der Welt- luftfahrtverband IATA hat kürzlich seine Prognose für 2017 vorgelegt und geht dabei erstmals seit sechs Jahren von rückläufigen Ergebnissen aus.

Die Zahl der Flugbewegungen werde in dieser Zeit wohl um 1,9 Prozent zulegen und die Menge der beförderten Fracht um 2,8 Prozent. Dieser Trend entspricht den Entwicklungen im laufenden Jahr. Bis einschließlich November hatten die 22 Mitgliedsflughäfen, die im ADV organisiert sind, mit gut 207 Millionen Gästen 3,0 Prozent mehr Passagiere abgefertigt als im Vorjahreszeitraum. Ein reichhaltiges Angebot an Billigflügen in Kombination mit der breiten Palette an Langstrecken, die traditionelle Fluggesellschaften an großen Drehkreuzen bieten, gilt

dem ADV als Voraussetzung für weiteres Wachstum. 2016 hatten die großen Standorte Frankfurt und München Marktanteile verloren.

Um diese Erosion zu stoppen, setzen die Betreiber dort auf mehr Billigfluganbieter. Zum Auftakt des Sommerflugplans 2017 will etwa Ryanair seinen Betrieb auch von Frankfurt aus starten. In München zeigen dagegen der französische Preisbrecher Transavia oder Eurowings, die Lowcost-Plattform der Lufthansa, Flagge. Laut ADV-Analyse für den Sommerflugplan 2016 (April bis Oktober) ist die Zahl der Passagiere im Interkontinentalverkehr um 1,9 Prozent zurückgegangen. Die Kunden buchten auf europäische Ziele um und kauften hier verstärkt Tickets bei Billiganbietern. Es zeige sich immer deutlicher, dass deren Angebote besser zu einem sich verändernden Reiseverhalten der Touristen passen, heißt es in der ADV-Analyse. Hotels, Ferienwohnungen oder Mietwagen könnten über modulare Online-Portale zum Flug hinzugebucht werden und machten es den Urlaubern leicht, sich von Pauschalangeboten der Touristikunternehmen zu lösen.

Strategien von Low-Cost- und Netzwerk-Carriern nähern sich immer mehr an

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Ryanair wird im Sommer auch ab Frankfurt fliegen/Foto: Ryanair

Anfang November teilte Fraport teilte mit, dass vom kommenden Frühjahr an Ryanair den größten deutschen Flughafen Frankfurt/Main anfliegen wird. Damit rücken die Iren den großen etablierten Wettbewerbern auch räumlich auf die Pelle, nachdem sie ihnen bisher vor allem wirtschaftlich zugesetzt haben. Dieses  räumliche Zusammenrücken ist der bisherige Höhepunkt einer disruptiven Entwicklung, die das Luftfahrtjahr 2016 in Deutschland und Europa geprägt hat: Die Geschäftsmodelle der verschiedenen Fluglinien verändern sich teilweise radikal und im Ergebnis nähern sich die Strategien von Low-Cost- und Netzwerk-Carriern einander immer mehr an. Unternehmen wie Lufthansa und Air France-KLM übernehmen Teile des Low-Cost-Modells und lassen Passagiere beispielsweise immer häufiger für Zusatzleistungen auch extra bezahlen. Außerdem haben sie eigene Lowcost-Töchter wie Eurowings gegründet, um den günstigen Wettbewerbern Paroli bieten zu können. Und die Lowcoster haben längst die Geschäftskunden für sich entdeckt, haben ihr Angebot verbessert und fliegen mehr und mehr auch die großen Drehkreuze an.

Wildern im Langstrecken-Geschäft der Netzwerk-Airlines

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Norwegian Air nun auf Langstrecke/Foto: Norwegian Air

Anfang Dezember folgte der nächste Paukenschlag. Am 2. Dezember hat der in Dublin registrierte Billigflieger Norwegian Air International von den US-Behörden die Erlaubnis erhalten, Langstreckenflüge in die USA anzubieten. Damit wird erstmals einer der Lowcost-Carrier im ureigensten Geschäft der Netzwerk-Airlines, dem Transatlantikverkehr, wildern. Bisher tun das nur Unternehmen wie die isländische WOW, allerdings mit Zwischenstopp in Reykjavik. Der Wettbewerb auf den Strecken über den Nordatlantik, der in den vergangenen Jahren schon deutlich zugenommen hat, wird sich also künftig weiter verschärfen. Angesichts dieser Entwicklung wird es für die traditionellen europäischen Airlines immer schwieriger, Märkte zu finden, auf denen sie ein auskömmliches Einkommen haben. Im Langstreckengeschäft Richtung Asien haben ihnen die Anbieter aus den Golfstaaten – Emirates, Qatar und Etihad – den Rang abgelaufen. Lufthansa hat sich mittlerweile aus vielen Destinationen zurückgezogen. Und auf dem Nordatlantik greifen künftig neben den Konkurrenten aus den USA mehr und mehr auch die Günstiganbieter ins Geschäft ein.

Ölpreis zieht an 

Erschwert wird die Situation noch dadurch, dass der Ölpreis angezogen hat und vermutlich weiter steigen wird. Die niedrigen Ausgaben für Kerosin haben den Airlines weltweit in den vergangenen beiden Jahren kräftige Gewinnzuwächse beschert – trotz des gewachsenen Preisdrucks. Doch damit dürfte es nun erst einmal vorbei sein. Der Branchenverband IATA hat kürzlich seine Prognose für 2017 vorgelegt und geht dabei erstmals seit sechs Jahren von rückläufigen Ergebnissen aus. Erwartet wird ein Nettoergebnis von 29,8 Mrd. Dollar, nachdem im gerade zu Ende gehenden Jahr noch 35,6 Mrd. Dollar eingeflogen worden sein dürften. Hintergrund sind höhere Kosten für Kerosin, für 2017 wird von einem Preis von 64,9 Dollar je Barrel Flugbenzin ausgegangen, nach 52,1 Dollar 2016. Trotz der erwarteten Belastungen – neben den steigenden Ausgaben für Öl werden auch höhere Kosten für Personal und weiterer Druck auf die Preise erwartet – wird die Branche auch im kommenden Jahr die Kapitalkosten verdienen, glauben die Experten der IATA. Erwartet wird ein Return on Invested Capital von 7,9 % bei Kapitalkosten von 6,9 %. Eine solche Rendite ist in der üblicherweise margenschwachen Luftfahrtindustrie durchaus ein Erfolg. „Für viele Branchen ist es der Normalfall, der Airline-Branche wird es erstmals gelungen sein, drei Jahre in Folge die Kapitalkosten zu verdienen“, betont denn auch IATA-CEO Alexandre de Juniac. Die Luft wird angesichts der Veränderungen in der Branche allerdings immer dünner.

Quellen: Börsenzeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung

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