China ist es Ernst mit dem Versuch, eine eigenständige Luftfahrtindustrie aufzubauen. Im November 2015 präsentierte der staatliche Flugzeughersteller Comac seine C919, mit der er dem Airbus A320 und der Boeing 737 Konkur- renz machen will. Die C919 soll spätestens im nächsten Jahr erstmals fliegen. Ein wichtiges Teil fehlte allerdings: China stellt bislang noch keine zivilen Flugzeugmotoren her. Das will Chinas Präsident Xi Jinping nun ändern.
Die Zentralregierung hat nun die Aero Engine Corporation of China (AECC) gegründet, die künftig militärische und zivile Triebwerke entwickeln und bauen soll. Zu den Anteilseignern gehören neben dem Staat auch die beiden staatlichen Luftfahrtkonzerne Aviation Industry Corporation of China (Avic) und Commercial Aircraft Corporation of China (Comac). Die beiden Unternehmen bringen ihre Tochterfirmen ein, die bislang unabhängig voneinander Triebwerke entwickeln sollten. Mit 96 000 Mitarbeitern und einem Stammkapital von umgerechnet 7,5 Milliarden US-Dollar hat AECC vom Start weg eine beeindruckende Größe.
Mit der Trennung des Triebwerksgeschäfts von den Flugzeugherstellern hat China das vollzogen, was im Westen
sowie in Russland seit Jahrzehnten Praxis ist: Airbus und Boeing entwickeln und montieren die Flugzeuge, die meisten Komponenten aber kommen von externen Lieferanten. Den Weltmarkt für Triebwerke dominieren die US-Konzerne General Electric (GE) und Pratt & Whitney sowie der britische Hersteller Rolls-Royce Aero Engines. Daneben gibt es noch wenige kleinere Produzenten. Auch in Russland werden in eigenen Firmen Flugzeugmotoren gebaut.
China ist bei den Triebwerken für Zivilflugzeuge bislang auf Importe angewiesen: General Electric liefert die Motoren für die ARJ21, und bei der C919 hat sich das Konsortium CFM International durchgesetzt, an dem neben GE der französische Konzern Safran beteiligt ist. Die C919 erhält eine Version der Leap-Baureihe, mit der auch die neuesten Varianten der Boeing 737 und des Airbus A320 ausgestattet werden.
Schwer, den technischen Fortschritt von GE und Pratt & Whitney einzuholen
Durch die Bündelung der Kräfte will sich China aus der Abhängigkeit von westlichen Lieferanten lösen. Triebwerke zählen zu den technisch anspruchsvollsten Komponenten eines Flugzeuges. GE und Pratt & Whitney haben sich mit Hilfe von Milliardeninvestitionen in Forschung und Entwicklung darum bemüht, ihre Motoren wirtschaftlicher und leiser zu machen. Die neuesten Produkte verbrauchen rund 15 Prozent weniger Sprit als die Vorgänger. Die Triebwerkshersteller sind bislang nicht bereit, ihre Technologie in Gemeinschaftsprojekte mit China einzubringen. Deshalb wird es für China schwer, diesen technischen Vorsprung einzuholen.
Bei den Flugzeugen hat sich Airbus auf die Kooperation mit China eingelassen: Das Werk in Tianjin montiert derzeit pro Monat vier Flugzeuge der A3.20-Baureihe, demnächst sollten dort auch die Langstreckenjets der A330-Serie ihre Innenausstattung bekommen. Die Prestige-Modelle A38O und A350 bleiben von der Zusammenarbeit bislang ausgenommen.
Ehrgeizige Ziele
Peking hat sich dennoch ehrgeizige Ziele gesetzt: Obwohl es mit den Leap-Trieb-werken von GE bereits eine Option für die C919 gibt, will die Regierung das prestigeträchtige Flugzeug möglichst bald mit Motoren ausstatten, die im Land entwickelt werden. Das soll schon in rund fünf Jahren möglich sein. Westliche Beobachter bezweifeln allerdings, dass der neue Konzern AECC so schnell sein wird und dass die Motoren aus China dann schon konkurrenzfähig sein werden.