Der Ben Gurion Flughafen von Tel Aviv gilt als einer der best abgesicherten Flughäfen der Welt. Schon bei der Zufahrt halten mit Maschinenpistolen bewaffnete Männer und Frauen jedes Auto kurz an und wechseln ein paar unverfängliche Worte mit den Insassen. „Guten Morgen, woher kommst Du?“ Wirkt irgend etwas verdächtig, folgt eine umgehende Kontrolle. Doch wäre ein ähnliches Vorgehen, eine von möglichen Maßnahmen zur Verhinderung von Anschlägen, vor allem nach den jüngsten Terroranschlägen in Brüssel?
Attentäter sollen es am Ben Gurion Airport erst gar nicht in die Abflughalle schaffen. Ähnlich wie beispielsweise auch in St. Petersburg oder im türkischen Antalia. Das aber, so der ehemalige Sicherheitsexperte des Frankfurter Flughafens Volker Zintel, gegenüber der Rhein-Zeitung letzte Woche, verlagere die potentielle Gefahrenzone nur vor die Eingangstore des Flughafes und sei logistisch überhaupt nicht zu schaffen.
Tatsache ist, dass noch nie in einem Jet, der in Tel Aviv startete, ein Attentat began- gen wurde. Nur einmal – 1972 – sei es drei japanischen Terroristen gelungen, bis in das Ben Gurion-Flughafengebäude vorzudringen und 24 Menschen zu erschießen, berichtet Gil Yaron, Nahostkorrespondent, Buchautor, Dozent und Publizist, der seit Jahren aus der Region für Publikationen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Kanada und Israel berichtet. Bedrohung durch Terror sei in Israel Alltag. Trotzdem sei im Terminal des Tel Aviver Airports nichts davon zu spüren. Warteschlangen und bedrückende Präsenz von Bewaffneten suche man vergeblich. Im Gebäude selbst agierten Beamte unerkennbar in Zivil. Um Sicherheit und Stressfreiheit zu verein-baren, wurde ein eigenes Sicherheitskonzept entwickelt. Polizei, Armee, Geheim-dienste, Ministerien und die Flughafensicherheit arbeiten mit derselben Datenbank. Informationen werden in Echtzeit an alle relevanten Stellen weitergeleitet. So könnten die Beamten am Ben Gurion Airport spezifisch agieren. Zuständig für die Sicherheit am Flughafen sind Polizei und Inlandsgeheimdienst.
Praktiken an westlichen Flughäfen gefährlich?
Die Abscheu von Amerianikanern und Europäern gegen gezieltes Screening von Verdächtigen hält man in Israel für widersinnig. Es mache keinen Sinn alle Passa- giere zu durchsuchen, da von den meisten keine Gefahr ausgehe – so der Leit- spruch. Daher konzentrierten Israelis 90 Prozent ihrer Energie auf wenige poten-zielle Verdächtige. Schon seit Langem warnt Rafi Sela, der Präsident des Unterneh- mens ,AR Challenges´ , das weltweit israelisches Knowhow im Sicherheitsbereich verkauft , dass Praktiken an westlichen Flughäfen sehr gefährlich seien. So etwa wären lange Warteschlangen auch vor den Sicherheitskontrollen „ein gefundenes Fressen für Terroristen“, weil in Europa jeder unkontrolliert in die Flughafengebäude gelangen könne. Man brauche keine komplexe Bombe, um ein effektives Attentat zu verüben.
Sicherheitsbeamte setzen auf menschlichen Kontakt
Im Gegensatz zu Europa, wo beim Screening der Passagiere auf viel Hightech gesetzt werde, verließen sich die schätzungsweise 2 300 Sicherheitsbeamten des Flughafens von Tel Aviv auf menschlichen Kontakt. Jeder Passagier werde ange- sprochen und man achte auf unlogische Antworten oder Anzeichen von Stress oder Nervosität. Erscheine alles in Ordnung, gelange der Fluggast binnen kürzester Zeit vom Schalter zum Flugzeug. Erwecke er hingegen nur den geringsten Verdacht, könne er manchmal Stunden in regelrechten Verhören verbringen. Man betreibe Verhaltensanalysen, um effizient zu sein. Genauer achte man zudem am Ben Gurion Airport auf Muslime, besonders wenn geheimdienstliche Hinweise vorlägen. Auf keinen Fall sei jeder Muslim ein Terrorist, aber viele Terroristen waren Muslime. Man müsse definieren, wer der Feind sei, wer der Aggressor, sagte der israelische Geheimdienstminister Isreal Katz am Mittwoch der Karwoche im israelsichen Rundfunk.
Datenschutz ist kein Streitpunkt
Die ,Start-up-Nation Israel´ bediene sich, so Gil Yaron, auch ausgefeilter Technolo- gien, um den Flughafen abzusichern. In einer Kommandozentrale liefen alle Infor-mationen zusammen. Das von einem elektronischen Zaun umgebene Flughafen- areal wird angeblich von mehr als 800 Videokameras überwacht, die mit einer Gesichtserkennungssoftware ausgerüstet sind. Vollautomatische Wachroboter patroullierten entlang des Zauns. Die Nummernschilder jedes Wagens, der durch die Einfahrten fährt, werden elektronisch erfasst und mit der Datenbank verglichen. Angestellte erhielten einen biometrischen Ausweis. Datenschutz sei kein Streitpunkt: Wenn Israelis zwischen Sicherheit und Privatsphäre wählen müssen, entscheide sich die überwiegende Mehrheit fürs blanke Überleben.
Dass ein Sicherheitskonzept wie am Ben Gurion Airport von Tel Aviv, mit einem jährlichen Passagieraufkommen von 14, 9 Millionen (2014) nicht so einfach auf Flughäfen wie etwa London Heathrow (73,4 Millionen, 2014), Paris Charles De Gaulle (63,8 Millionen, 2014) oder Frankfurt Rhein-Main (59,7 Millionen, 2014) übertragbar ist, versteht sich von selbst. Doch ein permanentes Feilen an Verbesserungen von Sicherheitskonzepten- und projekten ist in Zeiten wie diesen sicherlich sinnvoll. Auch was den Datenaustausch auf diesem Gebiet anbelangt, gibt es in Europa noch viel zu verbessern. Der absolute Schutz der Privatsphäre ist ein hoher Preis, der auf Kosten der Sicherheit geht jwm