Die vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) einge-richtete Taskforce zu den Folgen des Germanwings-Flugzeugabsturzes am 24. März 2015 über den französischen Alpen hat am 30. Juni einen Zwischen-bericht ihrer Arbeit vorgelegt.
Auftrag der Taskforce, die ihre Beratungen am 8. April 2015 aufgenommen hat, ist zu beraten, ob die Sicherheitsregelwerke im Luftverkehr weiterentwickelt werden müssen. Dabei wird den Fragestellungen nachgegangen, ob es Veränderungen an den Sicherheitsfunktionen der Cockpittüren geben muss und ob die Feststellung und die Überprüfung der Flugtauglichkeit von Piloten verbessert werden muss.
Beim Thema Flugtauglichkeitsfeststellung und -überprüfung habe, so steht es im Bericht, das Vertrauensverhältnis, das zwischen Piloten und Flug- medizinern sowie Psychologen aufgebaut wird, eine wichtige sicherheitsrelevante Funktion. Schlussfolgerungen seien unmittelbar vom Fortschritt der Untersuchungen der staatlichen Ermittlungs-und Untersu- chungsbehörden abhängig. Auch könnten Beratungsergebnisse nicht in nationalen Alleingängen umgesetzt werden, sondern sind in Diskussionen auf europäischer und internationaler Ebene einzubringen, also bei EASA, ICAO und IATA.
In der Taskforce arbeiten Flugmediziner, Psychologen und psychiatrische Sach- verständige, die BDL-Fluggesellschaften, das Bundesverkehrsministerium, das Luftfahrt-Bundesamt, das Luftfahrtamt der Bundeswehr und Vertreter des Bundesdatenschutzbeauftragten, die Berufsverbände Vereinigung Cockpit (VC) und Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO), die Hersteller über ihren Verband BDLI und die Deutsche Flugsicherung zusammen.
Cockpittür und Zwei-Personen-Regelung
Beim Thema ,Cockpittür´ bewertete die Taskforce denkbare Alternativverfahren zum heutigen Zutrittsverfahren und die ,Zwei-Personen-Regelung´. Sie kam zum Ergebnis dass die Cockpittür eine ganz wesentliche Sicherheitsfunktion hat, die darin besteht, dass niemand, der nicht autorisiert ist, in das Cockpit hineinkommt. Diese Funktion habe sich bewährt und müsse unbedingt erhalten bleiben. Die Taskforce plädiert dafür, dass keine kurzfristigen Änderungen vorgenommen werden. Langfristig sollten bei der Neuent-wicklung von Flugzeugen aber bauliche Optionen geprüft werden, so etwa eine Schleuse zwischen Kabine und Cockpittür, oder die Integration eines WCs in den geschützten Bereich.
Begrüßt wird von der Taskforce die vorläufige Einführung der ,Zwei-Personen-Regelung ´. Diese wird auch von der Europäischen Flugsicherheitsagentur EASA empfohlen. Die Taskforce schlägt vor, dass die Erfahrungen mit der Regelung nach einem Anwendungs- jahr evaluiert werden. Die Gewerkschaften der Piloten und Flugbegleiter schlagen allerdings vor, dass die ,Zwei-Personen´-Regelung wieder aufgehoben werden könne.
Beim Thema ,Tauglichkeit´ ging es im Wesentlichen um die Frage nach Optimierungs- potenzialen im Bereich der Erlangung von Flugtauglichkeit, des Informationsflusses und der Transparenz bei Untersuchungen und, ob es einen Bedarf nach eventuell ergänzenden Untersuchungen gibt.
Vertrauensteams und externe Hilfsgruppen
Die Information für die untersuchenden Fliegerärzte über geeignete Ansprechpartner bei der Feststellung psychischer Auffälligkeiten/Anhaltspunkte sollte verbessert werden. Von ganz wesentlicher Bedeutung seien Anlaufstellen, an die sich Crewmitglieder wenden können, wenn sie bei sich selbst oder bei Kollegen psychische Probleme feststellen. Hier verfügten die BDL-Fluggesellschaften über Vertrauensteams und externe Hilfegruppen. Die Anlaufstellen hätten sich in jeder Hinsicht bei Prävention, Behandlungsberatung und Hilfe bewährt, werden von den Crews angenommen und sollten weiter gestärkt werden.
Die Fluggesellschaften sprachen sich dafür aus, im Rahmen einer Selbstverpflichtung diese Anlaufstellen zum Industriestandard zu machen. Die Taskforce schlägt vor, dass der europäische Gesetzgeber solche Anlaufstellen verbindlich vorschreiben sollte.
Alternativen entwickeln unter der Wahrung von Datenschutz bei der Konsumkontrolle von Medikamenten, Drogen und Alkohol
Die Taskforce befürwortet die Kontrolle von Medikamenten-, Drogen- und Alkoholkonsum bei der medizinischen Erstuntersuchung. Sie sollte Standard sein. Die Entscheidung zur Frage, ob diese verbindlich eingeführt werden sollte und wie sie umgesetzt werden könnte, hat die Taskforce zurückgestellt. Das Luftfahrt-Bundesamt solle die zu dieser Thematik vorliegenden Studien, Regeln und Erfahrungen der Federal Aviation Administration (FAA) der USA auswerten.
Ein wesentlicher Bestandteil der Anforderungen an die Qualität der flugmedizinischen Tauglichkeitsfeststellung ist, dass sowohl die untersuchenden Mediziner, Psychologen und Psychiater sowie die kontrollierende Aufsichtsbehörde jederzeit vollen Ein- und Überblick in die vollständige Untersuchungshistorie erhalten können. In Deutschland praktizieren die Behörden in Umsetzung des europäischen und deutschen Rechts ein Verfahren der Pseudonymisierung bei der Übermittlung von Befunden an die Behörden. Diese Verfahren spiegeln die Anforderungen des Datenschutzrechts und der Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht wieder.
In der Taskforce wurden die in Deutschland praktizierten Verfahren der Pseudonymisie- rung der medizinischen Untersuchungsbefunde diskutiert und bewertet. Es wird vor- geschlagen, Alternativen zu entwickeln, mit denen – unter Wahrung von Datenschutz und ärztlicher Schweigepflicht – die Komplexität des Informationsflusses reduziert und damit die Untersuchungs- und Kontrollpraxis weiter vereinfacht werden kann.
Weil die Beratungsergebnisse nicht im nationalen Alleingang umgesetzt werden können, schlägt die Taskforce vor, die Zwischenergebnisse des Berichts in die Beratung auf europäischer und internationaler Ebene einzubringen (EU-KOM, EASA, ICAO, IATA).
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) wurde 2010 als gemeinsame Interessenvertretung der deutschen Luftverkehrswirtschaft gegründet. Mitglieder des Verbandes sind die Fluggesellschaften, Flughäfen, die Deutsche Flugsicherung und weitere Leistungsanbieter im deutschen Luftverkehr.