15. Januar, Flughafen Frankfurt: Der erste Linienflug des Flugzeugmusters Airbus A350 landet in Frankfurt – nicht von Lufthansa, sondern von Qatar Airways. Der Jet ist die Speerspitze der rasch wachsenden arabischen Airline, die Lufthansa jetzt auch in Deutschland groß herausfordert. Sind die neuen Wettbewerber noch zu stoppen? Fehlanzeige. Zur Ankunft des weltweit ersten A350-Linienfluges Mitte Januar in Frankfurt Qatar-Chef Akbar Al Baker: „Wir haben Frankfurt gewählt, um Lufthansa die Stärke der Konkurrenz vom Golf zu demonstrieren.“
Es ist zu erwarten, dass es 2015 in der Luftfahrt turbulent wird. Analyst Jürgen Pieper von der Metzler Bank stellte sich dazu am 15. Januar den Fragen der Journalisten in Frankfurt. Die deutschen Player sind auf der Suche nach Antworten auf die Herausforderungen der Marktsituation, dem immer stärker werdenden Druck aus den eigenen Reihen, aus dem Low-Cost-Segment und den Golf-Airlines. Sehr schnell war die Diskussion, die Lisa Schmelzer von der Börsenzeitung moderierte, auf die Golf Carrier gekommen. Landete doch am selben Tag der Airbus A350 XWB von Qatar Airways nach seinem weltweit ersten Linienflug in Frankfurt. Das Flugzeug wird nun täglich Doha, die Hauptstadt des Emirats Qatar, mit Frankfurt und der Welt verbinden. Airbus hatte das als extrem leise und sparsam geltende Flugzeug an ihren ersten Kunden Qatar Airways Ende Dezember ausgeliefert.
Automobilindustrie ist für Deutschland wichtiger als die Luftfahrt
Ob irgend jemand diese Airlines vom Golf noch stoppen könne, war die Frage an Jürgen Pieper. Was für Qatar, Emirates und andere aus der Region spreche, so der Luftfahrt-Analyst, sei, dass die Airlineindustrie für die Golfstaaten sehr wichtig sei. Und genau das unterscheide sie von Ländern wie Deutschland. Aus Analystensicht scheint beispielsweise die Automobilindustrie für Deutschland eben viel wichtiger zu sein als die Luftfahrtin-dustrie. Dubai sei inzwischen zu einem der beliebtesten Reiseziele der Deutschen ge- worden, das Hotel- und touristische Angebot sei so gut, dass es zum Erfolg verdammt sei. Auch Airbus werde sicherlich nichts gegen die Golfcarrier unternehmen und auch die Flughäfen in Deutschland, Europa und weltweit hätten Interesse daran, die Golfcarrier zu bedienen. Die deutschen Airlines könnten eigentlich nur intern darauf reagieren, indem dir noch stärker an ihren Kostenschrauben drehen und sich Partner in diversen Regionen suchen, so etwa Turkish Airlines.Natürlich wolle Turkish Airlines dabei aber beispielweise kein ,Junior-partner´ von Lufthansa sein, denn Turkish habe das Wachs- tum auf ihrer Seite. Bei Lufthansa liege der Jahresumsatz seit drei bis vier Jahren bei 30 Milliarden Euro und die operative Rendite mit zirka drei Prozent sei gering. Eine denkbare Richtung sei, so Pieper, dass man langfristig einen totalen Strategiewechsel vornehme und das weltweit nahezu konkurrenzlos erfolgreich agierende deutsche Technik-Unternehmen, die Lufthansa Technik AG, in den Konzern-Mittelpunkt stelle und die Airlines sowie den Rest angliedere. Zum Thema Billigstrategie und Plänen wie ,Wings´ und Jump´ meinte Pieper, dass Lufthansa genau diesen Versuch machen und als Projekt durchziehen müsse, allein schon um zu zeigen, dass man auch ,billig könne´, innovativ denke und handele, auch um die Marke ,Wings´ zu etablieren. Trotz allem müsse die Lufthansa Group, weil immer mehr Kunden lernten, dass Direktflüge wesentlich komfortabler seien, als zeitraubendes umständliches Umsteigen, noch ein wenig mehr ,Gehirnschmalz´ investieren und überle- gen, wie man strategisch am besten auf die starke Nachfrage nach Direktflügen reagiere mit inzwischen vier Drehkreuzen und noch perfekter steuere. Nicht ganz zufrieden sind Analysten, so auch Pieper, und Journalisten mit der diffusen Botschaft an Kunden und Öffentlichkeit, was die Lufthansa Strategie betrifft. Einerseits wolle Lufthansa nun ein Five-Star Anbieter sein und andererseits ein Billigflieger, noch dazu mit einer neuen Marke. Das sei eine sehr komplizierte Mischung und sie sei naturgemäß sehr schwer zu kommunizieren. Hier müssten ganz klare Ansagen kommen, damit der Kunde genaue Vorstellungen davon habe, was er bekomme, wenn er Lufthansa, Eurowings oder Germanwings buche. Dennoch sieht Pieper unterm Strich am Ende des Jahres ein Konzernergebnis von 1,7 Milliarden Euro.
Auch Air Berlin war Thema und die Erwartungen an ihren neuen Chef Stefan Pichler. Pieper glaubt, dass dieser es zwar besser machen werde, wie seine Vorgänger. So lange Etihad Geld gebe, werde eben ,weitergewurschtelt´. Etihad mache das, weil der deutsche Markt ein interessanter sei, weil sie kleiner als etwa Emirates seien und deshalb gezwungen, größere Risiken einzugehen. Das wären eben Umwege über Beteiligungen.
Alles in allem werde Europa überraschen
Alles in allem, so glaubt Pieper, werde Europa 2015 dennoch überraschen, denn man erwarte allgemein nichts Großartiges von der Region. Allein durch den niedrigen Ölpreis werde es ein Wachstum von 1,5 bis 2,0 Prozent geben, ein paar Zehntel Prozentpunkt mehr als im Durchschnitt erwartet werden. Davon würden auch die Airlines proftieren.
Für den Airbus A380 sieht der Luftfahrtanalyst keine große Zukunft, denn es habe zum Beispiel keinen einzigen Neukauf bei Airbus im Jahr 2014 gegeben. Luftfahrtsen seien überholt, Betriebs- und Wartungskosten seien zu hoch und der Kunde wolle Direktverbin-dungen sowie kleineres Fluggerät, etwa den Airbus A350. Airbus-Chef Enders, so glaubt Pieper, werde demnächst den ,A380-Schluss-Strich´ ziehen, weil er jemand sei, der nach vorne schaue, zum Beispiel auch auf den Airbus A321-Long Range.
Was die deutsche Luftfahrt falsch mache und die deutsche Automobilindustrie richtig, war eine weitere Frage. Kundenbindung in der Luftfahrt zu erzielen, sei wesentlich schwieriger als in der Automobilindustrie.Der Autokunde sei extrem gut informiert über ein bestimmtes Produkt beziehungsweise Modell, könne zahlreiche Tests überall nachlesen und habe eine ganz klare Vorstellung davon, was er als Gegenwert bekomme. Das sei eben beim Ticketkauf nicht so. Er geschehe oft spontan und der Markenname, so glaubt Pieper, sei nicht so wichtig. In der Automobilin-dustrie sei das anders. Hier kenne man zu hundert Prozent die Markenloyalität. Ein BMW-Fahrer bleibe – wie in 2014 – erhoben – zu rund 60 Prozent bei BMW. Das sei bei den Airlines anders.