Heiße Rhythmen und eine internationale Besetzung brachten das diesjährige Sommerfest auf Schloss Vollrads trotz gelegentlicher Regenschauer zum Schwingen. Die Palette reichte von Soul, Funk und Jazz bis zu Jodler und Volksmusik – Musik kennt eben keine Grenzen.
Ein Bericht von Suse Rabel-Harbering
Fast schüchtern ragt der mittelalterliche Wohnturm, das Wahrzeichen und Zentrum des Schlosses Vollrads aus den Weinbergen oberhalb von Oestrich-Winkel empor. Gemächlich schlängeln sich die Autos die schmale Straße inmitten einer unverwechselbaren Kulisse hinauf, um auf entsprechende Parkplätze gelotst zu werden.
Pünktlich um 16.00 Uhr ist Einlass zum diesjährigen Schlossfest im Rahmen des Rheingau Musikfestivals. Genügend Zeit also, um über das fürstliche Anwesen zu lustwandeln und den ersten schlosseigenen Riesling zu verkosten. Hier, auf dem ältesten Weingut Deutschlands, werden sämtliche Qualitätsstufen des Rieslingweins hergestellt. Die Rebflächen umfassen 80 Hektar und befinden sich außerdem in den benachbarten Gemeinden Hallgarten, Hattenheim und Geisenheim. Neben der Hauptbühne im Schlosshof sind zwei weitere kleinere Bühnen installiert. Zwischen den Herrenhäusern und den riesigen Wirtschaftsgebäuden – überall befinden sich Tische und Sitzgelegenheiten. Lange Buffets bieten vielerlei Köstlichkeiten für den großen und den kleinen Hunger.
Soul is more than music
Und schon erklingt lustvoll, zupackend Soul. Der Broadway-Sänger David A. Tobin reißt mit seiner samtigen Stimme und seinem aufmunterndem Körpereinsatz die Zuhörer mit zum „ya, ya, ya – no, no, no“. Sie singen und klatschen und tanzen mit Capes und unter Regenschirmen, denn inzwischen fallen erste Regentropfen. „Soul is more than music. It’s a feeling„ sagt Tobin in seinem knalligen Broadway-Jacket. Doch das Repertoire der Soultyzer-Band mit den Musikern Klaus Willig, Oliver Gross, Albi Husen und Andreas Dalen beschränkt sich nicht nur auf Soul, sondern auch auf Jazz und Latin Gospel.
Mit Geigen, Bass und Akkordeon
Inzwischen hat der Regen wieder nachgelassen und auf der Gartenbühne neben dem idyllischen Wasserspiegel gibt Alma, eine junge, kreative Musikgruppe aus Österreich den Ton an.
Begleitet von Geigen, Bass und Akkordeon singen und jodeln sie beschwingt, mal humorvoll, mal melancholisch. 2013 erschien ihr Debüt-Album „Nativa“ und in diesem Jahr folgt das dritte “Oeo“, das dem Esperando der alpenländischen Musik gewidmet ist. Wie ist das möglich? „Die wohlklingende Sprachmelodie des Jodelns kann Botschaften weiterleiten und Gefühlsstimmungen ausdrücken, erläutert Matteo Haitzmann, der mit Julia und Marlene Lacherstorfer, Evelyn Mair und Marie-Thereses Stickler aufspielt. Das vernehmen wir gern, angesichts des aktuellen, verbalen Zündelns auf der weltpolitischen Bühne.
Die Pausen werden wieder von Sprühregen benetzt, Lippen und Gaumen der Gäste dagegen mit frischem Riesling. Das Publikum läßt sich nicht verdrießen. Es genießt die heitere Atmosphäre, zu der neben Musik auch Kleinkunst beiträgt. So ist Jochen, ein ferngesteuerter Spielzeugelefant von Anfang an mit seinem Kinderfahrrad im Einsatz, macht honneurs und bringt Kinder und Erwachsene zum Lachen. Zudem verzaubert Chapeau d’Oro, die Hutkünstlerin Dorothea Wenzel mit witzigen Kreationen so manche Besucherin.
Mario Biondi: vom Chorknaben zu Soul und Funk
Schließlich betört im Hauptprogramm Mario Biondi mit seiner Band und seiner dunklen, leicht rauchigen Soulstimme die Ohren der Besucher.
Der Schlosshof hat sich bis auf den letzten Platz gefüllt, selbst in den Gängen herrscht Gedränge. In Italien ist Mario Biondi längst ein Star, Schon vor zwei Jahren hatte der aus Sizilien stammende Sänger mit der hr-Bigband ein fulminantes Debüt beim Rheingau-Musikfestival. Auch heute überzeugt er wieder mit seiner eigenwilligen Mischung aus Soul und Funk. Mario Biondi sang schon als Kind in verschiedenen Chören und arbeitete mit italienischen Sängern und Liedermachern zusammen. Seinem preisgekrönten Debüt-Album „Handfull of Soul“, vor zehn Jahren sind viele weiter gefolgt. Begleitet von Weltklasse-Musikern ertönt „This is what you are“, Mit diesem Song ist ihm der internationale Durchbruch gelungen, Mit ihm beschließt er seinen Auftritt. Es hat aufgehört, zu regnen.