„Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?“

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Harlekine von Picasso, Ausstellung „Picasso, Matisse, Braque Léger….21 Rue La Boetie“, Museum Bovery/Foto: Belgien Tourismus

Eine Reise der besonderen Art ins belgische Lüttich unternahm Suse Rabel-Habering, um die Ausstellung „Picasso, Matisse, Braque Léger…21 Rue La Boetie“ im Museum Bovery zu besuchen. Basierend auf dem Buch “21 rue La Boétie” wurde in Zusammenarbeit mit Anne Sinclair, der Autorin des Buches, diese besondere Kunst- und Kulturausstellung ins Leben gerufen und in das Bovery gebracht.

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Anne Sinclair, die Enkelin von Paul Rosenberg/Foto: Archives Paul Rosenberg&Co

Das Konzept der  Ausstellung, von der wir uns gewünscht hätten, mehr über die schicksalhaften Etappen der gezeigten Bilder zu erfahren, basiert auf dem Buch „21,Rue la Boetie“ von Anne Sinclair, der Enkelin von Paul Rosenberg. Es ist auf Deutsch unter dem Titel „Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?“ im Verlag Antje Kunstmann erschienen. 15 Jahre lang moderierte Anne Sinclair die bekannte und mehrfach preisgekrönte Fernsehsendung „Sept sur Sept“. Danach leitete sie die französische Ausgabe der „Huffington Post“. Sie war mit dem Politiker Dominique Strauß-Kahn verheiratet.

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Paul Rosenberg blickt zuversichtlich auf die Besucher/Foto: Archives Paul Rosenberg&Co

Paul Rosenberg sehen wir gleich am Anfang der Ausstellung auf einer vergrößerten Aufnahme – noch ist er jung – im Treppenhaus seiner großbürgerlichen Wohnung in Paris, in der Nummer 21 Rue la Boetie im vornehmen 8. Arrondissement.  Zum Louvre ist es von dort nicht weit. Paul Rosenberg blickt zuversichtlich auf die Besucher.

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„21 rue La Boétie” illustriert den doppelten Wendepunkt der Kunstgeschichte/Foto: Archives Paul Rosenberg&Co

Die Ausstellung erzählt die Lebensgeschichte dieses legendären Kunsthändlers der Zwischen-kriegszeit, eines außergewöhnlichen und geschäftstüchtigen Mannes und Kunstliebhabers. Paul Rosenberg war Freund und Kunstagent von Größen wie Picasso, Matisse, Braque, Léger und Marie Laurencin. Doch das ist nur ein Teil der Ausstellung.  “21 rue La Boétie” illustriert auch den doppelten Wendepunkt der Kunstgeschichte: einerseits das Aufkommen der Art Moderne und andererseits, unter der Nazi-Herrschaft, die Verlagerung des weltweiten Kunstzentrums von Paris nach New York, also von Europa in die USA.

Liège02Wir dürfen einige Harlekine von Picasso, aber auch viele andere Gemälde bewundern und uns mit Dokumenten, Ausstellungskatalogen sowie Briefen aus der Sammlung Rosenberg vertraut machen. Was aber erzählen uns die Gemälde, neben der Erkenntnis, dass sie die Moderne repräsentieren, über die man damals die Nase rümpfte, mit denen man zunächst nichts zu tun haben wollte, weil sie nicht zum Kanon passten.

Eine Plattform für junge Maler

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Paul Rosenberg mit ,Odalisque in Yellow Robe´1937, von Henry Matisse/Foto: wikipedia

Während andere Galeristen in Paris eher der klassischen Moderne verpflichtet blieben, setzte sich Paul Rosenberg auch mit moderner Malerei auseinander und bot jungen Malern eine Plattform in seiner Galerie. Früh schon nahm er Pablo Picasso, Georges Braque, Fernand Léger, Henry Matisse, und Marie Laurencin unter Vertrag. Seine Ausstellungen waren begehrt und sein Kunsturteil über die Landesgrenzen hinweg geschätzt. Er war ein leidenschaftlicher Bewunderer der modernen Kunst und er unterstützte die Kreativität der jungen Künstler, die sich in neuen, nie dagewesenen Formen ausdrückte. Er war ein Visionär, aber auch ein guter Geschäftsmann mit internationalen Beziehungen schon vor dem Zweiten Weltkrieg. Als 1939 die Nazidiktatur  Frankreich beherrschte und ihre antisemitische Ideologie umsetzte, wurden die Galerie Rosenberg sowie andere namhafte Sammlungen jüdischer Besitzer, etwa die von David David- Weil, Bernheim-Jeune, Schloss oder der Rothschilds, Opfer faschistischer Propaganda.  Perfiderweise wurde in der beschlagnahmten und ausgeplünderten Galerie Rosenberg das „Institut d’Etudes des Questions Juives“ eingerichtet.

Um den Bruch zu verdeutlichen, präsentieren die Kuratoren mit einem didaktischen Kunstgriff die  Gegenüberstellung von Bildern der Moderne, von den Faschisten als „Entartete Kunst“ verfemt mit den von ihnen favorisierten, die auf althergebrachte Genre zurückgreift. Es ist als träfen zwei Welten aufeinander. Hier konstruktivistische, fragmentierte Körper in kräftigen, dick aufgetragenen Farben. Dort idyllische Dorfansichten und Bauernfamilien in warmen Tönen.

Der Journalist und Kunsthistoriker Hector Feliciano beschreibt in seinem Buch „Le musée disparu“, wie die Organe der Vichy-Regierung sich mit den deutschen Besatzern um die Kunstschätze stritten. Durch ein von der Vichy-Regierung erlassenes Gesetz wurde den jüdischen Emigranten die französische Staatsbürgerschaft aberkannt, was zur Folge hatte, dass deren Besitz – dazu zählten Gemälde, Antiquitäten, Silber oder Porzellan an den Vichy-Staat fiel.

Zeugnis von der Zäsur in der Entwicklung der Malerei und vom Schicksal der Emigration

Liège02So zeigt die Ausstellung –  bedingt durch die Diktatur der Nationalsozialisten – die Zäsur in der Entwicklung der Malerei, die Plünderung sowie die Beschlagnahmung jüdischer Kunst, aber auch das Schicksal der Emigration,  zu der – wie die Familie Rosenberg –  viele Maler und Galeristen gezwungen wurden.

Zurück in Frankreich aus dem New Yorker Exil, macht sich Paul Rosenberg auf die Suche nach seinem geraubten Eigenturm. Er führt zahlreiche Prozesse auch gegen Schweizer Kunsthändler. 1945 äußert er sich in einem Schreiben, dass er sich nicht beklagen wolle, dass nur wenige seiner Kunstschätze restituiert werden konnten, denn sein Verlust erschiene ihm harmlos angesichts der Greuel des Holocaust. Paul Rosenberg stirbt 1957.

Text: Suse Rabel-Harbering, Fotos: Archives Paul Rosenberg&Co

Die Ausstellung wurde bis zum 19.02. 2017 verlängert.

www.21ruelaboetie.com

http://trade.belgien-tourismus.de/contenus/la-boverie-neues-kunstzentrum-in-luttich/de/8358.html

http://www.belgien-tourismus.de/contenus/luttich-kulturmetropole-an-der-maas/de/4462.html

https://www.tripadvisor.at/Attractions-g188655-Activities-Liege_Liege_Province_The_Ardennes_Wallonia.html

 Anfahrt von Frankfurt -Liège Guillemine, ICE 2Std. www.deutsche.bahn.de

Das Museum Bovery ist zu Fuß in ca.7 Min. vom Bahnhof aus zu erreichen.

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