Passion pur – Oberammergau ist mehr als Passionsspiel

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Bühne des Oberammergauer Passionstheaters/Foto: Fremdenverkehrsamt Oberammergau

Wenn es nicht die Passionsspiele sind, dann werden andere Themen auf die Bühne gebracht. Jedoch immer mit großer Leidenschaft. Oberammergau bietet aber noch viel mehr. 

Ein Bericht von Suse Rabel-Harbering.

In Oberammergau ist Passion Programm. Angefangen hat alles 1634, als zum ersten Mal die Passionsspiele aufgeführt wurden. Damals ging es um die Fürbitte Gottes, der das Dorf von der Pest befreien möge. Aus dem dramatischen Anlass hat sich ein Ritual entwickelt und nun finden die Passionsspiele alle zehn Jahre statt. Wir sind also vier Jahre zu früh. Das macht aber nichts, denn in diesem Jahr wird Nabucco geboten, eine Wiederaufnahme aus dem Vorjahr. Zum ersten Mal wagten sich die Oberammergauer an das große Genre und wie könnte es anders sein an diesem begnadeten Ort, mit großem Erfolg.

Das Festspieltheater mit seiner hinter der Bühne geöffneten Bauweise erlaubt dem Zuschauer den Blick in den Oberammergauer Nachthimmel. Es ist grandios vor diesem Hintergrund zu hören, mit welcher Klarheit sich die Sängerinnen und Sänger in die höchsten Tonlagen empor singen. Der Chor, das von Nabucco gefangen gehaltene hebräische Volk strebt mit Gottvertrauen aber auch aus Angst und Wut nach Freiheit. Christian Stückl, der Regiseur hat für die Aufführung mehr als 200 Sänger und Statisten, sowie den Chor aus Laien und Profis auf der mit Säulen verzierten, mal Tempel-, mal Palastanlage darstellenden Bühne versammelt und den Orchestergraben mit jungen Musikern der Neu Philharmonie aus München besetzt.

Königs Ludwigs Lieblinsschloss Linderhof

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Schloss Linderhof/Foto: Bayerische Schlösserverwaltung

Auch auf Schloss Linderhof ist Passion angesagt. Dort kippt sie fast schon in Obsession. Wie in einem Märchen imaginierte sich Ludwig II in den höfischen Kosmos Ludwig XIV. Er ließ Schloss Linderhof, ein zwar kleines, aber nicht minder prunkvolles Versailles, erbauen, in dessen Prachträumen er sich spiegeln und multiplizieren konnte. Die kunsthandwerkliche Qualität des Interieurs, der Kronleuchter und Möbel, der Tapisserien und des Porzellans sucht ihresgleichen. Das Schloss ist neben Neuschwanstein und Herrenchiemsee das kleinste der drei Königsschlösser, doch es galt dem König als Lieblinsschloss, in dem er sich am häufigsten aufhielt. So wie der junge Bayern-König den französischen Sonnenkönig anbetete, vergötterte er auch Richard Wagner, der ihn mit seinen Opern und den dazugehörenden Bühnenbildern in die germanische Sagenwelt entführte.

In der einmaligen Gartenanlage des Schlosses, die die umgebende Gebirgsnatur miteinbezieht, verbinden sich Motive des Barocks, der italienischen Renaissance und des englischen Landschaftsgartens, mit prächtigen Wasserspielen und Wasserspiegel zu einem Gesamtkunstwerk. So beherbergt der Park sowohl ein marrokanisches Gartenhaus und einen maurischen Kiosk, die dem Orientalis-musfieber des Königs zu verdanken sind als auch Zitate an Wagneropern wie die Venusgrotte aus dem Tannhäuser oder die Hundinghütte aus der Wallküre. Um einen möglichst authentischen Rahmen für die Sagenwelt hervorzurufen wurde selbst das Personal mit entsprechenden Kostümen ausstaffiert.

Hinauf und hinunter

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Das Pilatushaus in Oberammergau ist geschmückt mit zahlreichen Lüftlmalereien, die 1784 vom Oberammergauer Lüftlmaler Franz Seraph Zwinck geschaffen wurde, darunter auf der Gartenfront des Hauses die Verurteilung Jesu durch Pilatus. Eben dieser Szene verdankt das Haus seinen Namen./Foto: FVV Ober

Während wir stetig aufsteigend uns dem Gipfel des Laber,einem der Hausberge von Oberammergau nähern, genießen wir die abwechslungreiche Natur. Die Ammergauer Alpen zählen mit 3 000 Quadratkilometern zu Bayerns größtem, zusammenhängendem Naturschutzgebiet. Mal führt der Weg über Weiden, auf denen Kühe grasen und – wie könnte es anders sein – uns passioniert anstarren, mal durch Wälder, in denen keinerlei Spuren von Waldsterben zu erkennen sind. Immer wieder eröffnen sich herrliche Ausblicke, die wir gern zum Innehalten nach den doch anspruchsvollen Anstiegen nutzen. Darüber hinaus auch, um uns in der zauberhaften Bergwelt immer wieder neu zu positionieren, denn wie eine Filmkulisse breitet sich vor uns das bayrische Voralpenland aus. Wir passieren den Soilasee, der ausgetrocknet ist, was wir kaum glauben wollen, wenn wir an die Regenfälle des Frühsommers denken und erklimmen über sich empor windende Serpentinen schließlich den Gipfel. Fast senkrecht unter uns schmiegt sich Ettal mit seinem Kloster an den bewaldeten Bergrücken. Im Hintergrund ragt die Zugspitze empor mit dem sich anschließenden Karwendelgebirge und auf der gegenüber liegenden Bergseite erstreckt sich das Ammertal. Noch ein paar tiefe Atemzüge und schon schweben wir mit der Bergbahn, einer nostalgischen Gondel wieder hinunter ins Tal. Erst an der Talstation wird die Fahrt beglichen. Dort erstehen wir zu unserem Billet eine Auswahl an Ansichtskarten als Dokumente der vorgefundenen Oberammergauer Passion: das Festspielhaus, die Hausberge Laber und Kofel, die mit Lüftelmalerei verzierten Häuser und dazu noch einige ganz leidenschaftlich dreinblickende Kühe lassen grüßen aus Oberammergau.

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