„Ich habe den Blues“ – das heißt soviel wie „Ich bin traurig“. Das englische Wort „blue“ steht nicht nur für die Farbe blau, sondern auch für einen trau- rigen Gemütszustand. Danach ist ein ganzer Musikstil benannt: Der Blues. Die Rheingau Musik Festival ,Bluesnight´, die ursprünglich im Park des Schlosses Vollrad im Rheingau stattfinden sollte, wurde witterungsbedingt in den Friedrich-von-Thiersch-Saal des Wiesbadener Kurhauses verlegt. Die Stars des Abends: Die Bluesmusiker Eric Bibb und Jean Jacques Milteau.
Warum aber ist der Blues meistens eine sehr traurige und melancholische Musik? Vor ungefähr 400 Jahren hatten Sklaven aus Afrika in Amerika ein hartes Leben. Um sich ihre Qualen zu erleichtern, sangen sie: Bei der Arbeit auf dem Feld so genannte „Worksongs“ – „Arbeitslieder“, mit denen sie den Rhythmus ihrer Arbeit abstimmten. In ihren Gottesdiensten stimmten sie Negro Spirituals an – biblische Lieder, die meist von Hoffnung und Erlösung erzählten. Worksong und Negro Spiritual sind die Vor- fahren des Blues. Der Blues entwickelte sich dann vor etwa hundert Jahren. Er erzählt meistens vom Leid und von den Sorgen eines Einzelnen. Die Texte wurden oft spontan erfunden. Zum Blues gehört es auch, sehr gefühlvoll und manchmal mit rauer Stimme zu singen. Sogar unsaubere Noten gehören dazu. In der klassischen Musik wäre das unmöglich – im Blues sind sie ein Muss. Man nennt sie ,Blue-Notes´ und in der Dur-Tonleiter kommen sie gar nicht vor. Auch hier merkt man, dass der Blues eine Vermischung des europäischen Tonsystems mit der afrikanischen Tradition ist.
Eric Bibb widmet sich den Blues Klassikern
Nur wenige Takte benötigte der US-amerikanische Bluesmusiker Eric Bibb am 21. Juli in Wiesbaden, um das Publikum zu fesseln. Es ist die Art wie er seine Musik schreibt und vor allem spielt. Die Tiefe, die spirituelle Verwurzelung und das absolute Feingefühl mit dem er dem Blues durch seine Stimme und sein akustisches Gitarrenspiel Leben einhaucht. 1951 geboren, wuchs er in New York auf. Durch seinen Vater Leon Bipp lernte er schon als Kind Folkgrößen wie Woodý Guthrie und Joan Baez kennen. Sein Patenonkel war der afro-amerikanische Sänger und Polit-Aktivist Paul Robeson, sein leiblicher Onkel John Lewis, weltberühmter Pianist des Modern Jazz Quartet, der auch mit Miles Davis spielte. Eric Bibb begann mit sieben Jahren Gitarre zu spielen. Mit 16 Jahren stand er regelmäßig auf der Bühne mit seinem Vater. Eric Bibb widmet sich den Blues Klassikern, so gab er auch ,The house of the rising sun´ zum besten. Er schreibt und nimmt aber auch eigene Stücke auf.
Erst die Blues-Harmonika lässt den Blues so richtig traurig klingen
Der Franzose Jean Jacques Milteau entdeckte den Blues Mitte der 1960er Jahre für sich, als er Platten von Bob Dylan und den Rolling Stones hörte. Auf einer Reise durch die USA lernte er den traditionellen Blues kennen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich J.J: Milteau zu einem der bekanntesten Blues-Harmonika-Spielern, der schon mit nahezu jedem Musiker aus der Blues-Szene zusammengespielt hat. J.J. Milteau vereint mit seiner Technik, die Mundharmonika zu spielten, eine stilistische Offenheit. Er mischt Blues und Country mit afrikanischen Rythmen. Und erst die Blues-Harmonika lässt den Blues so richtig traurig klingen.
Auf so viel Virtousität folgte nach der Pause der gerade mal 23-jährige Deutsch–Däne Jesper Munk. Eine optische Kreuzung aus James Dean und David Bowie, ausgestattet mit einer rauen, erdigen, scheinbar von Zigaretten und Whiskey gealterten Stimme. Seine selbstgeschriebenen Songs klangen roh, im Vergleich dazu, was vor der Pause zu erleben war. Das Publikum war nicht sehr angetan vom plötzlichen ,Kontrastpro-gramm´ und reagierte teilweise mit dem vorzeitigen Verlassen des Konzertes. Der Künstler konnte einem fast leid tun, als er sich am Ende bei allen bedankte, die geblieben waren.