Die Chefs der fünf größten europäischen Luftfahrtkonzerne – Air France KLM, easyJet, IAG, Lufthansa Group und Ryanair – trafen sich erstmals in dieser Konstellation am 17. Juni in Brüssel. Sie hatten erstmals ihre Konkurrenz-kämpfe beiseite gestellt, um konstruktiv bei der Entwicklung einer neuen EU-Luftfahrtstrategie zusammenzuarbeiten.
Das Treffen der Airline-Chefs war die Reaktion auf die Vorstellung einer neuen EU-Luft- fahrtstrategie durch die neue EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc. Die Vertreter der fünf Luftfahrtkonzerne identifizierten vier Maßnahmen, die die Ziele der EU-Kommission unterstützen, die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Luftverkehrs in Europa und weltweit durch mehr Wachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen steigern und den Verbrauchern durch ein erhöhtes Flugangebot und niedrigere Flugpreise zugute kommen soll.
Vier Maßnahmen zur Untertützung der Ziele der EU-Kommission
Eine dieser vier Maßnahmen ist die Entwicklung einer Regulierungsstruktur, die die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Fluggesellschaften steigern, Arbeitsplätze und Wachstum durch Innovation sicherstellen, Verbraucherinteressen schützen und Kosten senken soll. Eine weitere Maßnahme ist die Senkung der Flughafen-Kosten in der EU. Dies etwa könnte durch eine Richtlinienreform der Flughafenentgelte erfolgen. Dritte Maßnahme ist die Bereitstellung eines zuverlässigen und effizienten europäischen Luftraums sowie die Kostensenkung für die Flugverkehrskontrolle (FVK). Zudem soll sichergestellt werden, dass FVK-Streiks nicht zu Störungen für Fluggäste in ganz Europa führen. Dazu soll die Strategie des ,Single European Sky´ überarbeitet werden und eine SESAR-Finanzierung zum Einsatz kommen, um die Einhaltung des ,Single Sky-Rahmen-werks´ voranzutreiben. Die vierte Maßnahme ist die Steigerung der wirtschaftlichen Aktivität und die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen in einem passenden regulatorischen Umfeld. Dazu gehört auch die Abschaffung von Fluggast- und unangemessenen Umweltsteuern.
Vielseitiger Fluglinien-Mix
Die Vision der fünf CEOs – Alexandre de Juniac, Carolyn McCall, Willie Walsh, Carsten Spohr und Michael O’Leary: „Europas Fluggesellschaften bilden den wettbewerbs-stärksten Sektor in der Luftfahrt mit einem vielseitigen Fluglinien-Mix, der den Verbrau- chern Wettbewerb und Auswahl bietet. Heute haben wir erstmals unsere Konkurrenz- kämpfe beiseite gestellt, um die Wichtigkeit einer neuen europäischen Luftfahrtstrategie zu unterstreichen.“
Die Liberalisierung der Luftfahrt in Europa in den 1990ern, bei der vor 18 Jahren ein voll- ständig liberalisierter Binnenmarkt mit einem umfassenden gemeinsamen Regulierungs- rahmen geschaffen wurde, habe den Wettbewerb in Europa deutlich erhöht. Als Folge hätten Verbraucher von wesentlich günstigeren Flugpreisen und mehr Reiserouten inner- halb Europas und in den Rest in der Welt profitiert. Zugleich hätten Fluggesellschaften in der EU führende Sicherheitsstandards aufrechterhalten. Die Bandbreite und Qualität der Leistungen habe sich gesteigert und die Kosten der Airlines seien während der letzten beiden Jahrzehnte um ein bis zwei Prozent pro Jahr gesunken. Die CEOs sind der Meinung, dass dieser Rückgang sich in einer Senkung der Kosten widerspiegeln sollte, die die Fluggesellschaften nicht selbst kontrollieren.
Bewährter Motor für wirtschaftliches Wachstum
Beim Entwurf einer neuen Luftfahrtstrategie für Europa müsse die neue Verkehrskommi-ssarin den Wettbewerb vorantreiben, zu mehr Effizienz ermutigen, mithelfen, die Kosten in anderen Teilen der Branche zu senken und die Steuerlast für Passagiere reduzieren, so die Forderung der Airlines-Chefs. Schließlich sei die Luftfahrt ein bewährter Motor für wirtschaftliches Wachstum und für den Arbeitsmarkt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden hunderttausende von Arbeitsplätzen schaffen – insbesondere für junge Menschen, in einer Zeit hoher Jugendarbeitslosigkeit in Ländern wie Italien oder Spanien – und Europas BIP steigern, sind sie sich sicher. Die ,Fünf´ wollen ein Schreiben an Violeta Bulc verfassen, in welchem sie die Verkehrs kommissarin ersuchen, diese Maßnahmen umzusetzen. Neben den vorgeschlagenen verkehrspolitischen Positionen bestätigten die fünf CEOs ihre Unterstützung für mehrere Kernprinzipen und Aktionspunkte, die die Luftfahrtpolitik der EU untermauern. Der wichtigste Punkt ist die Gewährleistung, dass Sicherheitsstandards auf der Grundlage einer wissenschaftlich fundierten Risikoanalyse entwickelt werden.
Untertützen wollen die fünf CEOs zudem bei der Implementierung einer wettbewerbs-orientierten Politik innerhalb der EU. Dabei bekräfitigten sie ihren Einspruch gegen die Bereitstellung von Staatshilfen an Fluggesellschaften und Flughäfen, als generellen Grundsatz. Einig sind sie sich darüber, dass Verordnungen und Richtlinien einzelner Länder und der EU effiziente Dienstleistungen unterstützen und die Auswirkungen der Luftfahrt auf die Umwelt minimieren sollen. Ebenso müssten EU-Richtlinien sicherstellen, dass die Rechte der Verbraucher respektiert werden.
Die ,Fünf´ einigten sich darauf zusammenzuarbeiten, um die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten zu ermutigen, die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen.
Einer Meinung waren sie auch darüber, dass die Vertretung der Luftfahrtbranche in Brüssel – mit derzeit sechs Organisationen – nicht effektiv sei. Sie vereinbarten, mögliche zukünftige Formen der Vertretung zu untersuchen.
Im Jahr 2014 beförderten die fünf Airline-Gruppen insgesamt 420 Millionen Fluggäste. Das sind 50 Prozent des Fluggastaufkommens in Europa. (jwm)