Das Dogonland im afrikanischen Mali gehört zum Weltkultur- und Weltnatur- erbe. Man findet dort malerische Dörfer mit einzigartigen kulturellen Schätzen. Der Tanz von Tirelli will die Besucher erfreuen. Gleichzeitig gibt er einen Einblick in die hochentwickelte Handwerkskunst des Masken-Schnitzens der Dogon und deren Bedeutung.
Ein Bericht von Suse Rabel-Harbering.
Fotos: Doris Minke
Wir hatten die Nacht in einem Hotel in Tirelli verbracht. Weil die Zimmer in diesem Lehmhaus eng und stickig waren, beschlossen wir unser Nachtlager auf dem flachen Dach auszubreiten. Der Vollmond tauchte Tirelli und die umgebende Landschaft in ein silbriges Licht. Kein Wunder, dass weder die Trommler im Dorf noch wir Ruhe finden konnten.
Am nächsten Tag steigen wir frühmorgens zum Dorfplatz hinauf. Die Sonne brennt. Während wir uns im Schatten eines riesigen Baobabbaumes niederlassen, erklingt die Musik mit lauten Trommelschlägen und schon beginnt das Fest. Tänzer mit riesigen Tiermasken und bunt bemalten Körpern setzen zu Sprüngen an, stampfen und gestikulieren im Takt. Tänzer mit Baströcken balancieren auf hohen Stelzen.
Tänzer mit meterlangen Etagenmasken vollführen weite Drehbewegungen bis sie vorne und hinten den Boden berühren, den Sand aufwirbeln und mit Schwung den weiß getünchten Maskenträgern mit Statuetten auf dem Kopf gefährlich nahe kommen. Es ist als habe ein Zauber die todgeweihte Staffage mit explosiver Energie erfüllt, die uns in Ihren Bann zieht. Dabei handelt es sich nicht einmal um das Sigifest, jene hohe Feier im Dogonland, die nur alle 60 Jahre zur Ehrung der Ahnen.stattfindet und von schuldhaften Verbotsüberschrei-tungen befreien soll.
Der Tanz von Tirelli will – neben der Aufbesserung des Gemeindebudgets – die Besucher erfreuen. Gleichzeitig will er einen Einblick in die hochentwickelte Handwerkskunst des Masken-Schnitzens der Dogon samt deren Bedeutung vermitteln. Masken und Skulpturen haben wichtige rituelle Funktionen in der traditionellen Stammesreligion, die jahrhun-dertelang das Leben der Dogon bestimmte. Sie werden für Ahnenkult, zur Initiation, zur Erlangung von Fruchtbarkeit oder zum Schutz vor Krankheiten und Missernten eingesetzt.
Die Dogon kennen um die hundert unterschiedliche Maskentypen. Sie entfachten in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.eine regelrechte Sammlerwut in westlichen Kunstkreisen, was einen kulturellen Verlust für ganz Mali zur Folge hatte.
Das Dogonland erstreckt sich über die Falaise von Bandiagara. Es ist ein Felsmassiv von rotem, eisenhaltigen Sandstein im Südosten Malis. In den Felsvorsprüngen hängen Siedlungen aus Lehm, in die sich die Dogon einst zurückzogen, um sich vor Angreifern zu schützen. Es handelt sich bei den kuppel- oder kegelförmigen Behausungen mit reich verzierten Ornamenten und geometrischen Mustern um eine architektonische Meister-leistung, denn zu den geschützten Räumen konnte man nur über Steigleitern gelangen.
Mali ist reich an Bodenschätzen und an touristischen Sehenswürdigkeiten. Trotzdem kommt es immer wieder zu innenpolitischen Konflikten, die 2012 in dem Aufstand der Tuareg-Rebellen im Norden des Landes gipfelten.Über 500 000 Menschen mussten aus dem zerstörten Gebiet fliehen. Ein milliardenschweres Aufbauprogramm, an dem sich über hundert Staaten, die Vereinten Nationen und die Weltbank beteiligten, soll seitdem zur Stabilisierung des Landes beitragen.