Das Vermitteln des ,Zuhause-Gefühls´

Die Suche nach Geborgenheit auch im Urlaub
Die Suche nach Geborgenheit auch im Urlaub

Orte allein, so Anja Kirig, die Autorin des Zukunftsinstituts im aktuellen Tourismus-report 2014, würden nur noch sekundäres Ziel einer Reise sein. Sie zeigt auf, wie sich Reiseziele künftig aufstellen, darstellen und verändern müssen, um Gäste zu erreichen und von ihnen erreicht zu werden.

Einblicke in Dinge ermöglichen, die nur für Einheimische sichtbar sind
Derzeit sei in der Tourismusindustrie eine nie da gewesene Loyalität zum eigenen Standort zu beobachten. Lokale Gegebenheiten bekämen eine neue Wertigkeit. Es gehe dabei nicht um die Verklärung dieser Orte und ihre Idealisierung, sondern auch um Seiten des ,schäbigen Schicks´. Es gehe darum, Einblicke zu ermöglichen, die vorher nur für Einheimische sichtbar waren. Urbanauts aus Wien (www.urbanauts.at) verwandelt beispielsweise alte Geschäftsgebäude in Übernachtungsstätten. Der Gast erfahre unmittelbar das ,Wiener Leben´ ,mit echten Nachbarn, so das Versprechen von Urbanauts. Ein anderes Beispiel liefert Edeldesigner Hardy Amies, der mit dem Filmstudio Present Plus kooperiert und in kurzen Spots ,London Neighbourhood Portraits´ (www.neighbourhood-porträts.com) zeigt. Darin ist zu sehen, wie die Arbeit der ortsansässigen Kleinunternehmen das Viertel prägt und zur Neuerfindung des Stadtteils beiträgt. Lokalität entstehe durch das Wissen und Miteinander in der Nachbarschaft.

Die (R) Evolution geht weiter
Nachhaltigkeit umfasse heute weit mehr als Umweltschutz und Ethik. Gute, nachhaltige Ideen könnten zu Reisen inspirieren. Soziale Innovationen könnten Touristen mit einbeziehen. Kopenhagen etwa: Hier soll eine Müllverbrennungsanlage zum Hotspot werden, wenn 2017 die ersten Skifahrer auf den integrierten Pisten des Heizkraftwerks unterwegs sein werden.  ,Amager Bakke´ würde eine neue Ära der Nutzung von Funktionsgebäuden einleiten. Neben den Skipisten wird es Möglichkeiten zum Klettern, Wandern und Laufen geben. Zudem habe ,Amager Bakke´ das Potenzial, zum neuen Markenzeichen der Metropole zu werden, da die Anlage der höchste Berg mit 85 Metern sein wird. Der dahinterstehende Trend ,Greeneverywhere´ vereine Komfort und Engagement, Ästhetik und Ökologie sowie Massentourismus und eine ganz besondere Lokalität. Ein Beispiel hierfür sei das soziale Netzwerk TribeWanted (beta.tribewan-ted.com). Dieses baut nachhaltige Tourismusprojekte auf, bei denen die Urlauber, Mit-Initiatoren, Veranstalter, Helfer, Gäste und Reisende zugleich sind. In Zukunft suche der Reisende zunehmend nach dem ,mehr/oder-Gefühl´. Man wünsche sich mehr Ruhe oder mehr Erlebnisse, man möchte mehr erleben in kürzerer Zeit oder weniger, aber dafür intensiver.

Abkehr vom Sammeln zum Nutzen
Der explosionsartige Anstieg von Daten und deren massenhafte Speicherung biete vielfältige Chancen im Tourismus, wenn Anbieter verstehen, ihre Kunden mit einzubinden. Kundenbeziehung müsse in Zukunft als durchgängiger Prozess verstanden werden. Die Gäste von Disney World beispielsweise erhalten ein ,MagicBand´ mit Microchip. Damit können sie bargeldlos bezahlen und ihre Hotelzimmer öffnen. Alle Bewegungen des Gastes werden per RFID aufgezeichnet. Verweildauer und Ausgabe-bereitschaft sollen durch maßgeschneiderte Angebote wie Rabatte und persönliche Begrüßungen gesteigert werden. Wir alle hinterließen Spuren im Netz – zumeist still duldend und wissend. In dem Moment, wo der persönliche Vorteil überwiege, spielten für die meisten Menschen Daten-schutzaspekte eine untergeordnete Rolle. Big Data sei in der Tourismusbranche noch nicht angekommen .

Zuhausegefühl vermitteln
Dem Serviceorientieren gehöre die Zukunft, denn Reisen sei immer auch mit Arbeit und Stress verbunden. Durch das Internet sei es zwar viel einfacher geworden, die notwendigen Informationen selbstständig einzuholen, doch individuelle Serviceangebote beeindruckten nachhaltig. Zum Beispiel der persönlicher Shuttle-Service, warm gemachte Kekse zur Begrüßung, die persönliche Taschenlam-pe oder kostenlose Lunchpakete.
Hinsichtlich des Buchungsverhaltens und der Auswahl der Urlaubsziele gebe es große Unterschiede. Zunehmender  Beliebtheit erfreuten sich Camping und InterRail. Die Form der Reise lasse dabei keine Rückschlüsse mehr auf den Reisenden zu, Konsumverhalten und Lebensstile hätten sich gewandelt.
Immer mehr Reisende würden zu ihren eigenen Reiseveranstaltern. Es gelte Konzepte anzubieten, die ein breites Publikum ansprechen, aber individuell zusammengestellt werden können. Nicht der Ort als solches sei das Ziel, sondern die Erfahrungen, die dort gemacht werden. Wer sich in Zukunft als Standort vermarkten will, muss Atmosphäre, Erlebnisse und Ethik zum Kern seiner Kommunikationsstrategie und Marke machen. Insbesondere Hotels müsse der Spagat gelingen, sich neu zu positionieren. Dabei werde die Erreichbarkeit zum A und O und die Zimmer müssten weniger Unterkunft sein, sondern vielmehr ein ,Zuhause-Gefühl´ vermitteln.

Angaben zur Studie:
Anja Kirigs TOURISMUS-REPORT 2014/Dezember 2013
109 Seiten/ISBN: 978-3-938284-82-7/125.00 € zzgl. 7 % MwSt.
www.zukunftsinstitut.de

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