Ryanair und Easyjet liegen in Deutschland nicht vorne

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Foto: Ryanair

Oft hat es den Anschein, als sei der deutsche Luftverkehrsmarkt längst fest in den Händen der Billigflugge-sellschaften Ryanair und Easyjet sei.  Ein Blick auf aktuelle Statistiken lässt diesen Schluss allerdings nicht zu.

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Boeing 737-700/Foto: easyJet

 

Billigfluggesellschaften haben in Deutschland nach einer Analyse des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) von Anfang des Jahres 2016 einen Marktanteil von rund 31 Prozent. Ihr Kapazitätswachstum ist mit knapp sieben Prozent allerdings sehr groß, wenn man bedenkt, dass Lufthansa und Air Berlin ihre Flotten gerade verkleinern. Doch noch gibt es einen gravierenden Unterschied zu den meisten anderen Ländern in der Europäischen Union: Die deutschen Fluggesellschaften waren bisher erfolgreich darin, das Billigfluggeschäft selbst zu kontrollieren und nicht an Easyjet, Ryanair oder Wizz Air zu verlieren. So etwa hält die Lufthansa-Tochter Eurowings derzeit einen Marktanteil von 37 Prozent am sogenannten Low-Cost-Geschäft – gemessen an der Zahl der Flüge. Dicht gefolgt von Air Berlin mit 34 Prozent. Erst dann kommen Ryanair mit 12,8 und Easyjet mit 6,8 Prozent.

Diese Machtverhältnisse vermitteln den Eindruck, dass den deutschen Anbietern wenig passieren kann. Doch die Zahlen

seien mit Vorsicht zu genießen, schreibt die Süddeutsche Zeitung am 12. August: „Den überwiegenden Teil der Eurowings-Flüge bestreitet die Lufthansa-Tochter Germanwings, deren Kosten fast so hoch sind wie die der Muttergesellschaft. Die durchschnittlichen Ticketpreise liegen dreimal so hoch wie die bei Ryanair. Es ist also die Frage, ob Eurowings wirklich als Billigan-bieter gelten kann“. Bei Air Berlin wiederum sei die Zukunft ungewiss. Die Airline steckt in existenziellen Schwierigkeiten und hat gerade auf Druck des größten Anteilseigners Etihad beschlossen, sich aus dem Billigsegment zurückzuziehen und lieber ein Premiumprodukt inklusive Business Class auf Europastrecken anzubieten. Außerdem sieht sie Chancen für Wachstum und bessere Preise auf dem Nordat-lantik – angesichts dramatischer Preisrückgänge und Überkapazitäten auf den Langstrecken hat sie diese Sicht der Dinge derzeit exklusiv.

Aktuelle Marktaufteilung ist brüchig

Die aktuelle Marktaufteilung ist also brüchig und kann sich schnell verändern: Sollte Air Berlin das Flugangebot im kommenden Winter weiter reduzieren und dies ange- sichts ihrer katastrophalen wirtschaftlichen Lage vielleicht sogar schneller umsetzen als erwartet, wäre es für Ryanair-Chef Michael O’Leary ein Leichtes, 20 oder 30 Maschinen zusätzlich in Deutschland zu stationieren. Im nachfragearmen Winter stellt Ryanair in der Regel ohnedies Dutzende ihrer Boeing 737 ab. Aber auch andere Billigfluggesellschaften drängen in den Markt, wie etwa Vueling oder Transavia, eine Tochter von Air France/KLM.

Ryanair hat angekündigt, den Marktanteil in Deutschland verdoppeln zu wollen und plant im vierten Quartal 2016 zusätzliche Basen in Hamburg und Nürnberg zu eröffnen. Sie stationiert zudem künftig neun Flugzeuge am Flughafen Berlin-Schönefeld, bislang waren es vier. Insgesamt erhöht Ryanair von September an die Kapazität in Deutschland um 28 Prozent. Und Ryanair-Cher O’Leary behauptet, er könne sich vor Gesprächsangeboten von deutschen Flughäfen nicht mehr retten. Dies Aussage mag zum Teil Verhandlungstaktik sein – schließlich haben sich die deutschen Flughäfen bislang gegenüber Ryanair wegen der geforderten Niedrigst-gebühren sehr reserviert gezeigt.

Auch Easyjet wäre bis vor Kurzem eine ähnlich große Bedrohung wie Ryanair gewesen. Doch das Brexit-Referendum, das Votum der Briten für einen Ausstieg aus der Europäischen Union, macht es für die britische Fluggesellschaft schwieriger, in Kontinentaleuropa zu expandieren. Sie muss nun erst sicherstellen, dass ihre Verkehrsrechte für Flüge innerhalb der EU auch erhalten bleiben.

Klar abzulesen ist an den Zahlen die dominierende Stellung der Lufthansa an ihren Drehkreuzen in München und Frankfurt: In München waren 2015 nur 12,6 Prozent der Passagiere mit Billigfluggesellschaften unterwegs – und ein guter Teil davon mit der Lufthansa-Tochter Eurowings. In Frankfurt waren es gar nur  2,3 Prozent. Wer in der Rhein/Main-Region günstig fliegen will, der muss auf die eher kleinen Billig-kontingente der Lufthansa hoffen oder lange Autofahrten nach Hahn, Köln oder Nürnberg in Kauf nehmen. In München heißen die Alternativen Memmingen und Nürnberg.

Quellen: Süddeutsche Zeitung, DLR

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