Sprungbrett für große Musikerkarrieren – Der Klassik-Marathon des Rheingau Musik Festivals

Alina Shalamova & Nikolay Shalamov Klavierduo
Hoch konzentriert  „mit harmonischen Gesten der Körpersprache und technisch perfekt gespielt, entlockte“ das Klavierduo Alina Shalamova und Nikolay Shalamov dem Instrument „einen vielversprechenden Dialog“/Foto: Ansgar Klostermann, RMF

Beim 29. Rheingau Musik Festival nimmt auch der Klassik-Marathon seinen festen Platz ein. Dabei bekommen jedes Jahr junge Nachwuchsmusiker die Möglichkeit, sich der internationalen Musik- und Festspielwelt zu präsentieren. So sind aus vielen jungen Musikern, die hier debütierten, Stars geworden. Der Rheingau mit seinen Burgen und Schlössern, mit seinen Kirchen, Klöstern und Weingütern gilt nicht nur als die Heimat köstlicher Weine, sondern mit dem Festival auch als Sprungbrett für große Musikerkarrieren.

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Die Weinhänge des Rheingaus/Foto: Sabine Siemon, RMF

Zur Einstimmung liefen wir uns warm für den Musik-Marathon. Unser Weg führte – auf halber Höhe – durch Weinberge, die sich melodisch an den Hängen ausbreiten. Prall hingen die Trauben an den Rebstöcken im milden Schein der ausnahmsweise aufscheinenenden Abendsommerson- ne. Bald erreichten wir Schloß Johannisberg bei Geisenheim, einen der vielleicht spektakulärsten Schauplätze des Festivals, denn von der mit Weinlauben umrankten Schloßterrasse, fällt der Blick hinunter ins Tal, auf den glitzernd dahin strömenden Rhein.

Wie in den vergangenen Jahren sorgte der Musik-Marathon auch diesmal für Sensationen im Fürst-von Metternich-Saal des Schlosses. Chiara Enderle startete mit einer einfühlsam gespielten „Suite für Violoncello“ von Gaspar Casado. Sie stammt aus einer Musikerfamilie in der Schweiz. Kein Wunder, dass sie schon den 1. Preis des renommierten Withold Lutoslawski Wettbewerbs in Warschau gewann. Ebenso aus der Schweiz und auch aus einer Musikerfamilie kommt Sébastian Jacot, der das Flötenspielen schon mit der Muttermilch aufsog. Seit seinem achten Lebensjahr spielt er und tritt mit Brüdern und Mutter auf internationalen Bühnen auf. Mit viel Fingerspitzengefühl intonierte er locker und heiter die vielschichtigen Carmenmotive der „Fantaisie brillante für Flöte und Klavier“ von Francois Borne, souverän und nicht minder heiter wurde er am Klavier von Lucas Buclin begleitet.

Wie eine geheimnisvolle Annäherung

Auch das Gutfreund Tio durfte schon einige Musikpreise für sich entscheiden. Sie setzten kontrapunktisch das „Trio für Klavier, Violine und Violoncello Nr. 2 Es-Dur D 929 op. 100“ von Franz Schubert, ein Klassiker der klassischen Kammermusik gegen einen Klassiker der modernen Kammermusik, nämlich „Fremde Szenen III für Violine, Violoncello und Klavier“ von Wolfgang Rihm. Es klang wie eine geheimnisvolle Annäherung an das Fremde, das Andere, ganz spannend und hoch konzentriert.

Nach der Pause führte das Klavierduo Alina Shalamova und Nikolay Shalamov den Reigen fort mit der „Fantasie für Klavier zu vier Händen F-Moll D 940 op. 103“ von Franz Schubert. Kurz vor seinem Tod, im Jahr 1828 geschrieben, erweckt das Stück Eindrücke von Dunkelheit, Einsamkeit, Verzweiflung gar. Mit harmonischen Gesten der Körpersprache und technisch perfekt gespielt, entlockten jedoch die Shalamovs dem Instrument einen vielversprechenden Dialog, indem Hände und Finger über die Tasten zu schweben schienen.

Sooyeon Lee Sopran Eunhyun Bang Klavier
Krönender Abschluss des diesjährigen Klassik-Marathons: Die koreanische Sopranistin Sooyeon Lee Sopran mit zwei Schubertliedern und dem „Lied der Olympia“ aus Hoffmanns Erzählungen, begleitet von Eunhyun Bang am Klavier/Foto: Ansgar Klostermann, RMF

Präzise und klar in allen Tonlagen sang die Koreanerien Sooyeon Lee zwei Schubertlieder, und zwar „Nacht und Träume“ und „Du bist die Ruh“. Am Klavier begleitete sie Eunhyun Bang. Hinreißend gesungen, mit Breakdancegesten und Wimpernklimpern versehen und ebenso locker gespielt präsentierten beide am Ende das „Lied der Olympia“ aus Hoffmanns Erzählungen. Es war ein überaus krönender Abschluss des diesjährigen Klassik-Marathons, dessen Klänge einen weit über den Heimweg begleiteten, manchem vielleicht sogar in den Träumen wiederkehrten.

Suse Rabel-Harbering

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